„O du lieber Augustin“

(C) Privat: Josef Taucher beim Augustin-Lokal am Fleischmarkt im 1. Bezirk.

Teil 45 unserer Serie „Josef Taucher präsentiert: WIENER WUNDER-WELTEN“ führt zum Fleischmarkt im 1. Bezirk. Hier kann man auf den Spuren des lieben Augustins wandeln.

Der liebe Augustin

Kennen Sie die Geschichte vom lieben Augustin? Wenn nicht, dürfen wir Sie in dieser Ausgabe der Wiener Wunderwelten auf eine Reise zurück ins 17. Jahrhundert mitnehmen – eine dunkle Zeit, in der Humor eine ganz zentrale Rolle spielte. Marx Augustin oder „Der liebe Augustin“ war ein ­Bänkelsänger, Dudelsack­spieler, Stegreifdichter und Stadt­original in Wien. Der Legende nach soll er sehr beliebt gewesen sein, weil er die Bevölkerung mit seinen derben Liedern, vor allem während der Pest in Wien im Jahr 1679, zum Lachen brachte.

Ein tüchtiger Trinker

Als Sohn eines trinkfreudigen Wirts war Augustin früh auf sich selbst angewiesen. Um Geld zu verdienen, zog er mit seinem Dudelsack von einer Spelunke zur nächsten und lebte von den Almosen seiner Zuhörerschaft. Der Über­lieferung nach soll der junge Augustin, wie auch sein Vater, ein „tüchtiger Trinker“ gewesen sein, weshalb kaum ein Groschen, den er zuvor verdient hatte, tatsächlich die jeweilige Kneipe verließ.

Eines Tages – als Augustin wieder einmal seinen Rausch in einer Gosse ausschlief – fanden ihn Siech-Knechte, die ihn für tot hielten. Sie hatten die Aufgabe, die Opfer der Pest einzusammeln. Und so brachten sie die Schnapsleiche ­zusammen mit den Pest­opfern auf ihrem Karren vor die Stadtmauern, wo sie ihn in eine Pestgrube warfen. ­

Am nächsten Tag wachte Augustin­ ausgeschlafen in der unverschlossenen Grube auf und sang so lang und laut, bis man ihn daraus befreite. Das Erlebte verpackte er schließlich in seinen Liedern, die er der interessierten, neugierigen Zuhörerschaft vortrug. Bis heute ist die Figur des ­lieben Augustins ein Inbegriff dafür, dass Humor auch in schweren ­Zeiten nicht fehlen darf. Die Pestgrube soll sich im Übrigen in der Nähe der ­Kirche St. Ulrich am Neubau, dem heutigen 7. Wiener ­Gemeindebezirk, befunden haben, gleich neben dem Platz, an dem heute der ­Augustinbrunnen steht.

Seit 550 jahren

Das Relief an der Außenmauer des Griechenbeisls ­am Fleischmarkt 11 im 1. Bezirk erinnert an ­Augustin. Seit 550 Jahren bewirtet das Beisl, in dem auch der Bänkelsänger seine Musik vorgetragen haben soll, seine Gäste. Die Grube am Eingang der Gastwirtschaft erinnert an jene,
in der Augustin einst gefunden wurde.