Der Automobilmarkt scheint sich langsam zu erholen. Nach dem Einbruch 2020 stieg die Nachfrage nach Neufahrzeugen bereits im vergangenen Jahr wieder kräftig an. Die Aussichten für 2022 sehen vergleichsweise positiv aus. Das bedeutet allerdings nicht, dass das kommende Autojahr ein besonders einfaches wird. Michael Gawanda, Head of Auto & Motor bei willhaben, hat sich die wichtigsten Trends und Entwicklungen angesehen, die die Branche 2022 beschäftigen werden.
Digitaler Autoverkauf nach wie vor hoch im Kurs
Als die Pandemie im Frühjahr 2020 ausbrach, verlagerte sich der Verkauf vieler Waren und Dienstleistungen endgültig substanziell ins Internet. Auch die Automobilbranche adaptierte sich entsprechend und verzeichnete einen starken Anstieg an Online-Verkäufen. Dieser Trend wird sich auch im heurigen Jahr weiter fortsetzen, denn immer mehr Hersteller wollen das Potenzial des digitalen Vertriebskanals noch stärker ausschöpfen. Um Kunden einen möglichst bequemen Zugang zu ihrem Traumwagen zu ermöglichen, gestalten sich die gebotenen Services der Anbieter meist vielseitig. So bieten zahlreiche Hersteller mittlerweile virtuelle Besichtigungen, ortsunabhängige Probefahrten sowie die Lieferung der Fahrzeuge direkt vor die Haustüre. Durch den Direktvertrieb der Hersteller leiden allerdings die Händler, die auch 2022 vor die zunehmende Herausforderung stellen wird, ein wesentlicher Faktor im Verkaufsprozess zu bleiben.
Anhaltendes Interesse an Gebrauchtwagen
Trotz des vielseitigen Angebots an neuen Modellen wird 2022 allerdings auch wieder stark im Zeichen des Gebrauchtwagenverkaufs stehen. Durch den aktuellen Chipmangel und den daraus resultierenden Mangel an Neuwagen kann der gleichzeitig gesteigerte Wunsch nach individueller Mobilität nicht erfüllt werden. So wird als Alternative oft ein rasch verfügbarer Jung- beziehungsweise Gebrauchtwagen herangezogen. Aufgrund der hier nun ebenso höheren Nachfrage wird das Angebot kleiner und so steigen auch im Gebrauchtwagensegment die Preise. Vor allem bei Fahrzeugen, die vier Jahre oder jünger sind, ist die Nachfrage besonders hoch, wie Michael Gawanda, Head of Auto & Motor bei willhaben berichtet: „Diese Fahrzeuge unterliegen meist noch einem modernen Technikstandard, sind aber bei weitem nicht so teuer wie ein Neuwagen. Auch Elektro- und Hybridautos werden mittlerweile gerne aus zweiter Hand erworben. Wir merken, dass sich die Händler auf willhaben immer deutlicher an den aktuellen Erfordernissen und Entwicklungen der Branche orientieren. Der Preisunterschied von bis zu 30 Prozent beim Jungwagen macht eine Anschaffung natürlich auch besonders attraktiv.”
Kampf um die neueste Technik
Mit dem Aufschwung von Elektrofahrzeugen wird seitens der Hersteller zunehmend speziellere Software und fortschrittlichste Technologie benötigt. Auch 2022 werden Automobilhersteller daher wieder vermehrt auf die Integration digitaler Technologie beim Bau ihrer Fahrzeuge angewiesen sein. Angesichts des rasanten Tempos, mit dem neue technologische Fortschritte in Autos und anderen Fahrzeugtypen Einzug halten, werden viele Hersteller 2022 entweder massiv in ihre Technologieabteilungen investieren oder feste Partnerschaften mit Technologieunternehmen eingehen müssen. Der „heilige Gral“ sind bei Elektrofahrzeugen Reichweite und Ladegeschwindigkeit. Hersteller, die schnell den Mitbewerb überholen, werden automatisch auch mehr Fahrzeuge verkaufen. Nachdem die Marktpositionen recht lange wenig dynamisch waren, kommt hier neue Dynamik in die Branche. Nur durch Innovationen und Partnerschaften wird es möglich sein, mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten und sich langfristig am Markt zu behaupten.
Fokus auf In-Car Entertainment
Unterhaltung im Auto ist längst nichts Neues und daher auch kein revolutionärer Trend. Sicher ist jedoch, dass neue Technologien unser Mobilitätsverhalten nachhaltig verändern werden. So werden wir 2022 unter anderem einen starken Anstieg im Bereich des In-Car Entertainments erleben. Nutzer können sich auf Features wie Surround-Sound, hochauflösende Bildschirme und interaktive Medienerlebnisse freuen. Auch neue Multiplayer-Unterhaltung, Augmented-Reality-Fensteranzeigen und individuelle Musiksysteme werden auf die Branche treffen. Die Vernunft kommt hier nicht zu kurz, da dieselben Systeme ebenso dazu verwendet werden, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu steigern, den Fahrer zu entlasten und zu unterstützen.
Lage bei Lieferengpässen weiter angespannt
Wie bereits im Vorjahr werden viele Automobilhersteller auch heuer wieder mit Lieferengpässen bei einigen Bauteilen zu kämpfen haben. Das führt unter anderem dazu, dass Kunden bei der Bestellung eines Neuwagens durchaus mit längeren Lieferzeiten zu rechnen haben, wie Gawanda berichtet: „Ein Blick auf die aktuellen Lieferzeiten der Hersteller zeigt, dass Kunden im Durchschnitt zwischen sechs bis 18 Monate auf einen bestellten Neuwagen warten müssen. Die lange Lieferzeit ist dabei vor allem auf Lieferengpässe bei essenziellen Bauteilen wie Chips zurückzuführen. Diese beeinträchtigen die gesamte Produktion, was sich schlussendlich auch in den Gebrauchtwagenpreisen aller Baujahre niederschlägt.“