Bürgermeister Ludwig: Sind Vorbild bei Tempo 30

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(C) Arman Rastegar: Michael Ludwig ist jetzt seit vier Jahren Bürgermeister und Landeshauptmann der Stadt.

Wiens Stadtchef Michael Ludwig im großen WBB-Sommergespräch mit Helmut Schneider zu so aktuellen Themen wie Teuerung, Energiepreise, Maskenpflicht, Hitzewellen und flächendeckend Tempo 30.

WIENER BEZIRKSBLATT: Alle stöhnen unter der ­Teuerung. Was kann die Stadt dagegen tun?

Bürgermeisterl Michael Ludwig: Die Energiepreise steigen im gesamten europäischen Raum. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Haushalte entlasten. Die Stadt Wien war hier Vorreiter. Ich habe bereits im März angekündigt, dass wir die Wiener Energieunterstützung einführen: 260.000 Haushalte, vor allem jene, die unter Druck sind, werden finanziell unterstützt. Wir haben in den ver­gangenen Wochen bereits an 200.000 Haushalte 200 Euro pro Haushalt bzw. 300 Euro für Alleinerzieherinnen ausbezahlt. Bis Ende des Jahres bekommen die einkommensschwächsten Haushalte sogar bis zu 1.000 Euro von der Stadt.

Wir fordern ebenfalls einen bundesweiten Deckel auf die Energierechnung. Das wird von vielen Experten als eine sinnvolle Variante eingeschätzt.

Auch beim Gaspreis und der Fernwärme ist die Stadt machtlos?

Wir können aus Wettbewerbsgründen nicht die Wien Energie direkt subventionieren. Ein direkter Eingriff ist im liberalisierten Energiesektor nicht möglich. Aber mit einem von uns vehement eingeforderten Preisdeckel auf die Energierechnung würden die Menschen deutlich entlastet werden. Hier sollte es rasch zu einer bundesweiten Lösung kommen. Das ist aber auch einer der Gründe, warum wir seit geraumer Zeit in alternative Energieformen investieren. Wir haben gerade die größte Wärmepumpe Mitteleuropas in Umsetzung und wir haben mehr Windräder als drei andere Bundesländer zusammengerechnet. Und pro Jahr werden wir Photovoltaikanlagen in der Größe von 100 Fußball­feldern errichten.

In den Öffis tragen immer mehr Menschen gesetzes­widrig keine Maske. Hat das so noch Sinn?

Mich sprechen laufend Menschen an, die mir sagen, dass sie sehr froh sind, dass wir in Wien die Maskenpflicht in den Öffis beibehalten. Dass es immer wieder Menschen gibt, die sich nicht daran halten, ist klar. Aber es gibt auch Menschen, die auf der Autobahn mehr als 130 fahren – trotzdem werden wir das Tempolimit nicht abschaffen. Gerade in einer Krise zeigt sich der Charakter einer Gesellschaft, aber auch der Charakter ­einzelner Menschen.

Verläuft die Zusammenarbeit mit den Neos besser als mit den Grünen?

Die Zusammenarbeit mit den Grünen hat auch lange sehr gut funktioniert, wir haben ja viel Positives umgesetzt. Die Kooperation mit den Neos ist sehr gut, obwohl wir zwei unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Auffassungen sind. Und natürlich gibt es auch da zu einzelnen Themen Gesprächsbedarf, aber insgesamt funktioniert die Koalition sehr gut. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, wie sinnvoll es ist, an einem Strang zu ziehen.

Gefühlt herrscht jetzt den ganzen Sommer Hitze­welle. Was tut die Stadt dagegen?

Wir setzen eine ganze Reihe von Maßnahmen. Beispielsweise schaffen wir noch mehr Grünraum. Trotzdem wir auch mehr Wohnungen errichten, haben wir den Grünraumanteil von 50 auf 53 Prozent erweitert. Und wir werden in den nächsten Jahren 400.000 Bäume zusätzlich pflanzen – das ist eine große Herausforderung.

Paris hat flächendeckend 30 km/h eingeführt. Wäre das auch für Wien, mit Ausnah­me für die Öffis, denkbar?

Eigentlich ist ja Wien das ­Vorbild, denn wenn man die Durchzugsstraßen abzieht, haben wir in Wien auf 84 Prozent der Straßen längst Tempo 30. Die Öffis kann man leider nicht ausnehmen, denn eine Straßenbahn oder ein Bus können in Straßen mit einer Spur niemals schneller fahren als die Autos, die vor ihnen fahren. Wir stehen aber dazu, dass Öffis zügig fahren können.

Bis 2025 sollen 80 Prozent der Wege zu Fuß, mit Öffis oder mit dem Rad zurück­gelegt werden. Geht sich das aus?

Wir sind gut unterwegs. In Wien haben wir gerade ­die größte U-Bahn-Baustelle Europas. In Kombi mit dem international einmaligen 365-Euro-Ticket, das wir sehr bewusst nicht an die Inflation angleichen, steigt der Öffi-Anteil sicher noch weiter an.