Hannes Androsch im Gespräch: Wege aus der Energiekrise

(C) Stefan Diesner: Von 1970 bis 1981 war Hannes Androsch als Finanzminister der SPÖ-Regierung bedeutender Teil der Reformen unter Kreisky. Im WBB-Interview spricht er über die aktuelle Energiekrise.
(C) Stefan Diesner: Von 1970 bis 1981 war Hannes Androsch als Finanzminister der SPÖ-Regierung bedeutender Teil der Reformen unter Kreisky. Im WBB-Interview spricht er über die aktuelle Energiekrise.

Als Finanzminister prägte Hannes ­Androsch die Politik der 1970er Jahre, als erfolgreicher Unternehmer ist er bis heute genauer Beobachter und Kommentator der Entwicklungen im In- und Ausland. Im Interview mit dem WIENER BEZIRKSBLATT geht Androsch auf die aktuellen Krisen rund um Energiepreise und Teuerung ein.

WIENER BEZIRKSBLATT: Energiepreisschock, Inflation & Co.: Erinnert Sie die Gegenwart an die 1970er Jahre?

Hannes Androsch: Es sind andere Faktoren im Spiel. Wir hatten keine Pan­demie, keinen Ukrainekrieg. China war damals international isoliert. Der Schock war damals im Vergleich noch viel stärker, der Ölpreis hat sich in kürzester Zeit verzehnfacht.

Was halten Sie von den derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Ein­dämmung der Teuerung?

Eine importierte Inflation geht mit Einbußen im Wohlstand einher. Das kann nicht mit ­Einmalzahlungen ausgeglichen werden, vor allem nicht nach dem Gießkannen-Prinzip. Ein solches ist nicht zielorientiert, extrem teuer und keine Dauerlösung. Was wir brauchen, ist eine stabile Regierung, die weiß, was getan werden muss, und in der Lage ist, dies umzusetzen.

Was kann man in Österreich jetzt konkret machen?

Die sozial Schwachen müssen jetzt gestützt werden, ganz klar. Da helfen Transferleistungen. Generell muss wieder verstärkt auf Innovation gesetzt werden. Nur mit dem Rohstoff Bildung können wir in Zukunft inter­national mithalten. Was den Arbeits­markt betrifft: Die Kosten auf Arbeit gehören sofort gesenkt, die Netto-Löhne müssen erhöht werden. Und wir müssen in Wissenschaft und Technologie investieren. Das Rote Wien war schon in der 1. Republik ein Leuchtturm in Öster­reich und nimmt auch heute eine Vorzeigerolle für das ganze Land bei wichtigen ­Themen ein.

Wie kommen wir heraus aus dem Energie-Dilemma? Gleichzeitig soll der Ausstoß von Emis­sionen im Kampf gegen den Klimawandel ja stark reduziert werden …

Die Menschheit hat Energie, vom Feuer über den Wind bis zu den fos­silen Energien, immer dazu ­genutzt, das Leben einfacher und produktiver zu gestalten. Die Zivilisationsgeschichte ist eine Geschichte der Innovation. Der Schlüssel zum Erfolg ist die Energieeffizienz. Ein Beispiel aus der Praxis: Noch vor ein paar Jahrzehnten hat ein VW Käfer 12 Liter auf 100 Kilo­meter verbraucht. Heute braucht ein Golf VIII 4 Liter. Da ist auch der doppelte Benzinpreis locker kompensiert.

Was halten Sie von der Förderung von Gas direkt hier in Österreich?

Die Vorkommen gibt es, aber auch hier sieht man die Unfähigkeit der Regierung. Man hätte schon vor Jahren damit beginnen müssen, um im Ernstfall gewappnet zu sein. Statt­dessen hat man sich in ­völlige Abhängigkeit begeben und sitzt jetzt in der Falle. Man kann es nur für die Zukunft in Betracht ziehen, jetzt muss man mit der aktuellen Lage bestmöglich ­umgehen.

Hans Steiner
Chefredakteur