Kids vor dem Bildschirm: Diese Gefahren lauern

Physiotherapeut Peter Weese empfiehlt praktische Übungen. ©APA-Fotoservice/Ludwig Schedl

Die Zeit, die Kinder am Bildschirm verbringen, steigt. Die Folgen zu langer Nutzung sind noch gar nicht richtig abzusehen. Belegt ist mittlerweile ein Anstieg von Kurzsichtigkeit, Haltungsschäden und Reizüberflutung. Experten beleuchteten das Thema „Kids vorm Bildschirm“ aus unterschiedlichen Perspektiven. 

Eine aktuelle Studie von SaferInternet hat ergeben, dass 81 % der 3- bis 6-Jährigen täglich das Internet nutzen. Eine Verdoppelung im Vergleich zu 2013, als lediglich 41 % in dieser Altersgruppe online waren. Tablets, Smartphones und internetfähige Fernseher als meistgenutzte Medien voran.

Nahsehen beeinflusst Augenlängenwachstum

Der Bundesinnungsmeister der Augen- und Kontaktlinsenoptiker und Optometristen, Markus Gschweidl, warnt vor übermäßigem Bildschirmkonsum im Kindesalter: Ein zu kurzer Leseabstand und zu lange Bildschirmzeiten können bei Kindern einen negativen Einfluss auf das Augenlängenwachstum nehmen. Es begünstigt die Entwicklung von Myopie (Kurzsichtigkeit) und erhöht das Risiko von Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter, wie zum Beispiel Netzhautablösung und Makuladegeneration.

Kurzsichtigkeit: Maßnahmen zur Prävention 

Wenn die Kurzsichtigkeit einmal eingetreten ist, lässt sie sich nicht mehr ganz stoppen, mit bestimmten Maßnahmen kann man das Fortschreiten aber eindämmen. „Als medizinisches Mittel kommen die Atropin-Augentropfen zum Einsatz. Die optischen Maßnahmen beinhalten spezielle Kontaktlinsen und Brillengläser“,  erklärt Gschweidl. Darüber hinaus können Eltern mit einfachen Maßnahmen einer Entstehung von Kurzsichtigkeit entgegenwirken. Dazu gehört ein Aufenthalt im Freien von mindestens zwei Stunden am Tag bei Tageslicht. Zusätzlich sollten bei der Naharbeit am Bildschirm immer wieder Pausen eingelegt und der Blick in die Ferne gerichtet werden. Der Bundesinnungsmeister rät außerdem zu regelmäßigen Seh-Checks und medizinischen Kontrollen.

Eltern als Vorbildunktion

Die SaferInternet-Trainerin und digitale Medienexpertin Marietheres van Veen weiß, wie wichtig der Einfluss der Eltern auf die Jüngsten ist: „Eine Studie der Stiftung Lesen zeigt auf, dass 34 % der Eltern bereits Apps als digitale Bücher für ihre Kinder einsetzen, 25 % sind davon überzeugt, dass man Kinder heutzutage mit modernen Medien beschäftigen kann.“ Van Veen empfiehlt einen bewussten Umgang mit den neuen Medien: Die Eltern sollten ihre Vorbildfunktion ernst nehmen und die Bildschirmzeit bei sich selbst und auch bei ihren Kindern regulieren. Eine medienfreie Zeit im Alltag tut auch den Erwachsenen gut. Am besten dreht man das Gerät täglich eine Zeitlang bewusst ab und spielt mit den Kindern analoge Spiele, optimalerweise im Freien.“

Haltungsschäden als weitere Konsequenz

Dem kann der Physiotherapeut Peter Weese voll und ganz zustimmen. „Die Kinder, die zu mir in die Praxis kommen, werden immer jünger. Die Beschwerden liegen in massiven Verspannungen der Nackenmuskeln, die oft zu Kopfschmerzen führen. Manchmal entstehen auch Tinnitus sowie Schwindel in Zusammenhang mit langem Bildschirmschauen und Nahsicht. Als Langzeitfolge können Probleme mit der Lendenwirbelsäule auftreten.“

Praktische Übungen zur Vorbeugung

Weese empfiehlt den Eltern praktische Übungen aus der modernen Physiotherapie, die sie mit ihren Kids auf spielerische Weise umsetzen können. Beispiele sind unter anderem alle Übungen, die in Überkopfhaltung ausgeführt werden (Handstände, Räder), oder auch tägliche Aktivitäten in Hüftstreckung (Fangenspielen, Ballspielen). Zur Vorbeugung eignet sich Krafttraining (empfohlen ab 10 Jahren) und klassische Übungen wie Liegestütze, Plank, Seilziehen, Schubkarre oder Klimmzüge. Unbedingt zu vermeiden ist der Rundrücken beim Sitzen und zu lange Phasen in derselben Position.

Regulierung des Konsums

Bundesinnungsmeister Gschweidl sieht gemeinsam mit den beiden anderen Experten die große Hoffnung in der Vorbildfunktion der Eltern. „Im Endeffekt können sie aufgrund ihres eigenen Verhaltens ihre Kinder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den digitalen Medien erziehen. Eine bewusste Regulierung des Handy- und Tabletkonsums, ausreichend Aufenthalt im Freien bei Tageslicht und regelmäßige Kontrollen können möglichen Risikofaktoren entgegensteuern.“