Peter Rapp: Von nassen Clowns & g’schmackigen Titeln

©Ludwig Schedl

Peter Rapp über … seine Erinnerungen an einen großen Theaterdirektor und Geschichten-Erzähler. An einen, dessen Begabung man heute dringender denn je brauchen würde. Und der weit vorausdachte.

Die besten Pointen schreibt immer noch das Leben. Wie bei meinem Kollegen Dieter Chmelar hat sich im Laufe der Jahre eine Menge davon in meinem Kopf angesammelt. Eine der besten beginnt so: „Herr Direktor, ich habe ein Stück geschrieben, das sich ideal für die Josefstadt eignet. Ich weiß aber, dass wir den Titel ändern müssen …“

Die herrliche Pointe zu dieser Anekdote hebe ich mir noch ein wenig auf, in der Hoffnung, dass viele weiterlesen. Erzählt hat sie mir Robert Jungbluth. Als er 2009 starb, hieß es über ihn: „Er war ein Visionär – ein Ausnahme-Kulturmanager!“ Genau so einen wie ihn hätten wir in der Corona-Pandemie jetzt gebraucht. 

Grandioser Erzähler

Ich habe ihn 1969 in meinem zweiten Jahr als Zirkus-Sprecher in der Stadthalle kennengelernt. Später erst habe ich erfahren, was der Jungbluth alles für die Kultur in Wien geleistet hat. Er hat (mit Erfolg) Reformen in der Staatsoper, in den Bundestheatern, in Salzburg und anderen Kulturstätten durchgeführt. In Wien hat er mehr als 40 Kinos in die Generalvertretung von Columbia und United Artists Österreich geführt. Den Rabenhof hat Jungbluth als Theater-Spielstätte erhalten und gerettet. Das sind aber nur einige wenige der vielen Leistungen, die Robert Jungbluth für die Kultur in der Stadt und im Land erbracht hat. Ich habe ihn wegen seines Humors und seiner Fähigkeit, Anekdoten zu erzählen, sehr geschätzt.

Teuflischer Napoleon

Zurück zum Jahr 1969, als Jungbluth Direktor der ehrwürdigen Stadthalle wurde und uns zusah, wie wir für die Zirkus-Premiere probten. Bei einer Darbietung spritzten die Clowns von einem Trapez aus Wasser in die Mittelloge. Jungbluth sah sich die Szene nachdenklich an und meinte dann zu mir: „Großartig! Das ist die Loge, in der morgen Bundespräsident Kirchschläger mit seiner Frau sitzt …“

Nun zu meiner Lieblingsanekdote. Nachdem ein junger steirischer Autor zum dritten Mal Jungbluth das „ideale“ Stück für die Josefstadt anbot und wieder darauf hinwies, dass der Titel geändert werden müsse, fragte er genervt: „Wie zum Teufel heißt denn das Stück???“ 

„Napoleon! Geh scheißn!“

Das Watschn-Duell

Bei einem Künstlerstammtisch wurde mir noch eine andere Anekdote über das Theater in der Josefstadt erzählt. Seitlich hinter der Bühne ist der Arbeitsplatz des Inspizienten, der mit dem Textbuch auf dem Pult auch die Aufgabe hat, die Schauspieler über Lautsprecher-Durchsagen rechtzeitig zu ihrem Auftritt aus der Garderobe und der Kantine zu rufen. Einmal rief er einen Schauspieler so spät, dass sich der hetzen musste. Im Vorbeigehen fauchte er den alten Mann an: „Was rufst mich denn so spät? I gib dir glei a Watschn!“ Der alte Mann schrieb in sein Dienstbuch: „Herr Sowieso hat mich mit einer Ohrfeige bedroht.“

Der damalige Direktor Franz Stoß lud den Schauspieler zu sich und wies ihn zurecht: „Wie können Sie denn den alten Herrn bedrohen? Sie werden sich entschuldigen!“

Bei seinem nächsten Auftritt zischte er dem Inspizienten zu: „Was schreibst denn des in dei Dienstbüchl? I gib dir glei no a Watschn!“ Daraufhin schrieb der alte Mann: „Hat sich entschuldigt!“