Atom-Entscheid: Wien kritisiert EU

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Angesichts der Entscheidung der EU-Kommission, Atomkraft als nachhaltige Brückentechnologie für Finanzinvestitionen einzustufen, verstärkt die Stadt Wien ihre Kritik an der EU-Taxonomie: „Atomenergie ist vieles, aber sicherlich nicht nachhaltig, solange auch nur noch ein Funken der Definition zur Nachhaltigkeit erfüllt werden soll“, sagt Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Mit dieser Taxonomie werden Gelder in Richtung Atomkraft gelenkt, die sonst erneuerbaren Energien zur Verfügung stünden. Wir brauchen aber alle verfügbaren Mittel für Erneuerbare und kein Greenwashing von Retro-Technologien!“

Ungelöste Fragen

(C) PID/Jobs: Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky kritisiert den kommenden EU-Entscheid.

Die Taxonomie-Verordnung ist an atomare Endlager geknüpft – und gerade hier gibt es EU-weit viele ungelöste Fragen: Im Auftrag der Wiener Umweltanwaltschaft und dem Städtenetzwerk „Cities for Nuclear Free Europe“ unter Wiener Vorsitz liegt dazu nun eine neue Studie des Österreichischen Ökologie Instituts vor.

Ausgangspunkt ist die Bedingung der EU-Kommission in der neuen Taxonomie-Verordnung, dass eine Lösung für den anfallenden hochradioaktiven Brennstoff aus Atomkraftwerken bis 2050 gefunden werden muss. Eigentlich liegt diese Frage bereits seit dem Jahre 2011 auf dem Tisch der EU, als sich die EU-Kommission in der EURATOM-Verordnung des Themas Nukleare Abfälle angenommen hat.

„Die vorliegende Studie zeigt nun, dass seitdem fast nichts weitergegangen ist“, kritisiert Jürgen Czernohorszky. „Nur drei Mitgliedsstaaten in der EU haben einen ausreichenden Plan und Zeitpläne für den Umgang mit ihren atomaren Abfällen vorlegen können.“

Bedenken bei Endlager in Finnland

Der derzeit laufende Bau des Brennelement-Endlagers Onkalo in Finnland werde von der Atomindustrie schon als Lösung des Problems angesehen. Berechnungen und Evaluierungen dieses ersten tiefengeologischen Endlagers zeichnen aber ein anderes, bedenkliches Bild: Die Einlagerung der Abfälle soll hier nach dem schwedischen Modell in Kupferbehältern erfolgen. Neue Studien zeigen, dass diese Behälter wahrscheinlich wesentlich schneller korrodieren als ursprünglich angenommen. Ob eine Lizenzierung der Container unter diesen Bedingungen möglich sein wird, ist fraglich, zudem wird das Thema Kupfer auf Grund schnell steigender Rohstoffpreise zu einer immer größeren finanziellen Bürde für das Projekt.

Auch die tiefergehende Analyse der Situation in den 27 Mitgliedstaaten zeigt, dass das Thema Endlager weiterhin ein sehr komplexes und mit vielen Fragezeichen bleibt. Nur drei Mitgliedstaaten haben es bisher geschafft, die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen.

„All diese Fakten sind hoffentlich weitere Argumente gegen den aktuellen Vorschlag zur Taxonomie“, so Jürgen Czernohorszky. „Es gibt die Möglichkeit innezuhalten und eine falsche Entscheidung zu revidieren, bevor tatsächlicher Schaden passiert ist. Atomenergie ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems!“