Michael Ludwig: Grünraum-Rekord in der Stadt

©Bubu Dujmic | Bürgermeister Michael Ludwig im Interview mit Helmut Schneider.

Bürgermeister Michael Ludwig spricht im Wiener-Bezirksblatt-Interview über Renaturierung in Wien, das Erbe guter Ideen aus der Vergangenheit und die größten Herausforderungen für die Stadt.

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Was bedeutet Renaturierung für Wien?

Michael Ludwig: Für uns ist das keine Politik der Überschriften, sondern wir sind in Sachen Renaturierung schon lange tätig – etwa beim Liesingbach oder beim oberen Wiental. In meinem Heimatbezirk Floridsdorf haben wir statt einer Verrohrung des Marchfeldkanals ein sehr naturnahes Erholungsgebiet geschaffen. Auch die Donau und die Donauinsel sind Beispiele. Jüngstes Vorhaben: Der alte Verschiebebahnhof Breitenlee soll zu einem 90 Hektar umfassenden Naturschutzareal werden. Außerdem konnten wir den Anteil der Grünflächen von sensationellen 50 noch auf 53 Prozent erhöhen – und das bei einem steigenden Bedarf an neuen Wohnungen und Schulen!

Wien hatte ja schon früh die Wichtigkeit von Natur für das Wohlbefinden der Menschen erkannt.

Ja, Gemeindebauten wurden schon in der Ersten Republik nicht nur geschaffen, weil Wohnraum dringend nötig war. Die Bauten hatten auch viele Gemeinschaftsräume wie Büchereien und Kinderbetreuung sowie viel Grünraum. Der Karl-Marx-Hof ist ja weniger als 20 Prozent verbaut, der Rest sind Natur- und Freiflächen. Ziel war es, eine neue Gemeinschaft herzustellen, bei der das Miteinander selbstverständlich ist. Das Miteinander ist aber auch heute noch ein Kennzeichen der Stadt. Die Art und Weise, wie alle Religionsgemeinschaften nicht nur nebeneinander leben, sondern auch miteinander an einem Projekt wie dem Campus der Religionen arbeiten, ist beispielhaft. Und die Sozialpartnerschaft wird in Wien in einem ganz -besonderen Ausmaß gepflegt.

Gestern hat mir eine Soziologin an der WU erzählt, dass fast alle, die sie zum Forschen und Lehren nach Wien holen, hier bleiben wollen.

Das gilt nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Menschen aus der Wirtschaft. Ich habe hier eine Liste, welche internationalen Preise Wien in den letzten Monaten als lebens-werteste Stadt der Welt bekommen hat. Wir sind inzwischen auch die grünste Stadt Europas. Ich weiß, dass viele internationale Botschafter nach ihrem Dienstaustritt zurückkommen, um hier ihren Lebensabend zu verbringen.

Was sind die größten Herausforderungen für Wien?

Natürlich die Fortsetzung des geförderten Wohnbauprogramms. Immer wichtiger wird der Ausbau unseres Gesundheitswesens. Wir investieren derzeit 3,5 Milliarden in den Ausbau der Spitäler und der entsprechenden medizinischen Infrastruktur. Auch die Pflege älterer Mitbürgerinnen und -mitbürger ist eine Herausforderung. Wir bieten eine finanzielle Unterstützung für Menschen, die im Pflegebereich eine Ausbildung machen. Die Plätze für Pflegeberufe wurden in Wien verdoppelt.

Es heißt, wir stecken mitten in einer Rezession. Ist das in Wien bereits spürbar?

Wir spüren natürlich die gestiegenen Herausforderungen. Deshalb haben wir auch darauf ­gedrängt, dass der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gerechter wird. Die Gemeinden müssen immer mehr Aufgaben übernehmen, ohne eine entsprechende ­Abgeltung zu bekommen.