Scharlachwelle und Antibiotika-Engpass

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In Wiens Kindergärten und Schulen breitet sich die Krankheitswelle weiterhin aus. Viele Eltern sind besorgt, denn die bewährtesten Breitband-Antibiotikasäfte können in Österreich weiterhin nicht geliefert werden.

Schluckbeschwerden, Fieber, Hautausschlag und eine gerötete Zunge – Nicht selten liegt bei diesen Symptomen zurzeit eine Scharlachinfektion zu Grunde. Generell herrscht in Wien derzeit ein verstärktes Aufkommen von Infekten, doch gerade bei der Versorgung von Antibiotikasäften für Kinder ist die Lage besonders akut. Wird Scharlach nicht mit einem Antibiotikum behandelt, verlängert sich die Ansteckungszeit auf etwa drei Wochen.

Ärztinnen und Ärzte fordern rasches Handeln

„Der Zustand ist katastrophal, die benötigten Antibiotika sind nicht in ausreichenden Mengen verfügbar. Derzeit haben wir viele Scharlachfälle, die wir mit einem Reservepräparat behandeln müssen. Wir beobachten jedoch, dass dieses oftmals nicht zu vergleichbaren Genesungserfolgen führt. Eine Lösung wäre eine Wirkstoffverschreibung, damit die Mittel in den Apotheken selbst hergestellt werden können. Hierfür fehlt es aber an vielen Stellen auch an den benötigten Grundstoffen. Die Verantwortlichen müssen dringend handeln.“ betont Kinderärztin Dr. med. univ. Constanze Schreiner.

Ansturm auf Marienapotheke

Dies bekräftigt auch Mag. Pharm. Ursula Sansenböker von der Marienapotheke im 14. Bezirk: „Wir stellen die Säfte zurzeit aus einem Antibiotikum in Tablettenform her, das den gleichen Wirkstoff enthält. Das funktioniert einwandfrei, doch auch hier kommt es immer wieder zu Lieferproblemen. In erster Linie brauchen wir daher eine gesetzliche Grundlage, die den Import von Rohstoffen ermöglicht.” Rezepturen zur Herstellung der Antibiotikasäfte könnten außerdem seitens der Apotheken bei der Apothekerkammer, die sich ebenfalls für den Import von Rohstoffen einsetzt, angefragt werden. Doch aktuell sind laut unserem Umfragen noch wenige Apotheken mit der Eigenerzeugung der benötigten Säfte vertraut. Zudem fehlen oft die erforderlichen Rohstoffe, daher nehmen viele besorgte Eltern derzeit weite Wege durch die Stadt auf sich.

Entspannung der Situation nicht absehbar

Den Grund für das aktuell erhöhte Infektionsaufkommen führen Expert*innen darauf zurück, dass viele der Krankheiten durch die Corona-Maßnahmen und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen erheblicher weniger aufgetreten sind. Hinzu kommt die Erhöhung von Produktionskosten sowie eine verstärkte Auslagerung der Herstellerfirmen. Außerdem gibt es für viele Wirkstoffe nur noch wenige Hersteller. Ärzt*innen stehen den Betroffenen mit antientzündlichen Maßnahmen und verstärkter Beobachtung zur Seite. Eine Entspannung der Situation ist bis zum Abflachen der Infektionswelle derzeit nicht in Sicht.

Hans Steiner
Chefredakteur