Box-Skandal: Verständnis, aber auch deutliche Kritik

Der Ringsturm Samstag nach Mitternacht (Bild: Steiner).

Der Box-Skandal von Samstag-Nacht zieht in der Kampfsport-Szene weite Kreise. Nach der mehrmaligen und aufrichtigen Entschuldigung von Elsaev-Trainer Kosashvili herrscht Verständnis für die Emotionen. Es gibt aber auch Kritik. Eine Gradwanderung.

Das Wiener Bezirksblatt war an dem Skandal-Abend in „Rocky“-Manier live dabei in Kagran. Der ambitionierte Wiener Mansur Elsaev kämpfte wie ein Löwe gegen den Spanier Carlos Lamela um den EM-Titel. Und war punktemäßig nach 10 Runden vorne – das bestätigte auch Thaibox-Legende Fadi Merza, der vor kurzem sein Debüt als klassischer Boxer feierte und als Fach-Kommentator in Kagran war.

Grenzwertige Szenen im Ring

Doch dann kam Runde 11, in der Elsaev zweimal zu Boden ging und schwer angeschlagen war. Worauf in der 12. Runde nur mehr ein Schlag von Lamela nötig war, um ihn auszuknocken. Dann der Eklat: Der Spanier machte mehrere obszöne Gesten Richtung Publikum. Und das ließ die Sicherungen von Elsaev-Coach Isaak Kosashvili durchbrennen – er attackierte den Spanier im Ring, es folgte eine Massenschlägerei von Betreuern und Fans. Zum Glück löste sich alles nach zehn Minuten wieder auf, niemand wurde verletzt.

Große Betroffenheit

Für den Boxsport, der sehr um Anerkennung kämpft, eine Schmach. Der schwer gezeichnete Elsaev entschuldigte sich am Sonntag per Instagram. Jetzt meldete sich Trainer Isaak Kosashvili zu Wort: „Ich möchte mich bei allen Beteiligten und bei allen Fans für den Vorfall am 20. April aufrichtig entschuldigen. Ich bin seit 16 Jahren lizenzierter Boxtrainer und auf die Arbeit mit Profis und Jugendlichen spezialisiert. Ich bin in über 1000 Kämpfen als Betreuer im Ring gestanden und noch nie ist irgendetwas dergleichen passiert.“ Und weiter: “Ich habe einen großen Fehler gemacht.” Der neue Titelträger Lamela trägt Kosashvili die Szenen offenbar nicht nach. “Carlos und ich haben uns danach noch vor Ort gegenseitig für unser Verhalten entschuldigt. Wir sind auch nach wie vor in freundschaftlichem Kontakt.”

Kritik von Nader, Verständnis von Merza

Die Box-Szene reagiert unterschiedlich. Fadi Merza hat in der Kronen Zeitung Verständnis für Kosashvili gezeigt. Ebenso relativiert Thaibox-Trainer Marco Fidanzia, der Kosashvili seit Jahren kennt: „Jeder kann einmal einen Fehler machen. Isaak ist kein Böser, ich kann nur das Beste über ihn sagen.“ Bounce-Boxclub-Chef und Ex-Profi Marcos Nader sieht hingegen einen großen Schaden für die Szene: “Ich bin viel in Schulen und in den Bezirken unterwegs und vermittle die Werte unseres Sports den Jugendlichen. Ich erzähle immer, dass Respekt und Disziplin wichtig sind und durch unseren Sport geschult werden. Und dann passiert so ein Vorfall”, so Marcos Nader im Wiener-Bezirksblatt-Gespräch. “So etwas darf einfach nicht passieren. Wir sind Vorbilder.”

Mansur Elsaev kämpfte im Ring wie ein Löwe – doch es sollte gegen Carlos Lamela nicht reichen (Bild: Steiner)

Bounce-Boss Marcos Nader inmitten seiner Ottakringer Jugendlichen beim Training: “Durch unseren Sport möchte ich Respekt und Disziplin vermitteln.” (Bild: Diesner)

Hans Steiner
Chefredakteur