Mit der Eröffnung der „Weitsicht“, einer neuen Event-Location auf dem Gelände des ehemaligen Schloss-Areals auf dem Cobenzl, dem Hausberg der Wiener, hat eine attraktive Sehenswürdigkeit neues Leben eingehaucht bekommen. Bernd Schlacher, der Wunderwuzzi der heimischen Gastronomie, hat auf dem Cobenzl gemeinsam mit dem Supernova-Investor Frank Albert einen Aussichtstempel errichtet, der seinem Namen „Weitsicht“ tatsächlich voll gerecht wird. Von den drei Terrassen, eine davon komplett konsumationsfrei, hat man den wahrlich schönsten Ausblick auf Wien mit dem blau glänzenden Donaustrom dazwischen und den mit grünen Reben dicht bewachsenen sanften Hängen von Döbling.
Rettungsversuch
Ursprünglich hätte Martin Rohla, der die Restaurants Habibi & Hawara betreibt, das Schloss-Restaurant unter tatkräftiger Unterstützung des Forstamtes und der zuständigen Stadträtin Ulli Sima aus seinem Dornröschenschlaf erwecken sollen. Er sprang aber wegen Corona ab – und Schlacher sprang in das Prestigeprojekt der Stadt Wien relativ kurzfristig ein.
Schlacher fungiert als Pächter mit einem extrem günstigen Pachtvertrag. Finanziert wurde der rund 20 Millionen Euro teure Um- und Neubau fast zur Gänze vom Supernova-Investor Frank Albert. 2,5 Millionen Euro an Mehrkosten übernimmt die Stadt aufgrund der Corona-Krise.
Brandruine
Die Geschichte des Schlossrestaurants hat aber noch weitere interessante Facetten, denn das Cobenzl war jahrzehntelang eine Ruine. 1951 vom Hausarchitekten des Gastronomen Hans Hübner als Bar mit einem Cafépavillon in Form eines Rondells errichtet, musste Hübner 1973 den Betrieb schließen. 1980 wurden die leerstehenden Gebäude durch einen Großbrand völlig zerstört. Ein gewisser Olaf Auer, Fluglehrer, Pilot und Gastronom, war in seinen Pilotenjahren bei der AUA öfters über den Kahlenberg und die Brandruine am Cobenzl geflogen. 1981 reifte in ihm der Entschluss seines Lebens: Er wollte das Schloss als Ausflugslokal Cobenzl neubeleben.
Er pachtete das Areal von der Gemeinde Wien und baute das Schloss und drei Nebengebäude neu auf. Ein im Dachgebälk angebrachtes Windrad sorgte teilweise für Strom und ein 10.000-Liter-Wasserbecken machte das Lokal bei Störungen von der Wasserleitung unabhängig.
Promi-Lokal
Das Ausflugslokal wurde rasch zu einem Treffpunkt der Prominenz aus der ganzen Welt. Fast jeder Staatsbesuch hatte im Programm einen Kurzbesuch am Cobenzl beinhaltet. Hier wurden Filme gedreht, Hochzeiten und Geburtstage gefeiert und eine Vielzahl von Bällen und Tanzveranstaltungen gefeiert. Auch Romy Schneider hat hier mit Alain Delon getanzt.
2013 wurde Auer aber plötzlich gekündigt. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit mit der Stadt, an dessen Ende eine Zwangsräumung angesetzt wurde. Im Sommer 2020 wurden schließlich Teile des Schlosses und des Cafepavillons abgerissen. Nach 36 Jahren wurde der rührige Gastronom und Retter einer Institution, die er mit Herzblut, Fleiß und finanziellen Mitteln zum Leben erweckt hat, vertrieben. Dem tüchtigen Unternehmer und herzlichen Menschen fehlte das Glück. Sein Hund starb beim Umzug, ein Jahr später starb auch er 74-jährig als gedemütigter Mensch.