Zwischen Schönheitsdruck und stillem Hilferuf: Essstörung kein Tabu

Die Folder der Hotline für Essstörungen richten sich an Betroffene als auch an Angehörige und können kostenlos unter broschueren@wig.or.at bestellt werden. @ WiG/Klaus Ranger

Zum Welttag der Essstörungen am 2. Juni rückt die Wiener Gesundheitsförderung (WiG) das Thema in den Fokus. Essstörungen sind keine „Modeerscheinung“, sondern ernstzunehmende seelische Erkrankungen mit körperlichen Folgen. Die Hotline für Essstörungen bietet kostenlose und anonyme Unterstützung – für Betroffene wie für Angehörige.

Hinter einer Essstörung steckt oft viel mehr als der Wunsch, schlank zu sein. „Es ist eine Art Hilferuf der Seele“, erklärt Ursula Knell, fachliche Leiterin der Hotline für Essstörungen in der Wiener Gesundheitsförderung. Häufig kommen viele Faktoren zusammen – ein einziger Auslöser kann reichen. Umso wichtiger ist es, Essstörungen früh zu erkennen. Sie sind nach wie vor mit viel Scham und Stigmatisierung behaftet. Genau hier setzt die Arbeit der WiG an: informieren, enttabuisieren und Mut machen.

Soziale Medien als Verstärker des Problems
Was früher in Modezeitschriften begann, setzt sich heute auf Instagram, TikTok oder YouTube fort. Der Körperkult wird durch Filter, KI-generierte Bilder und Fitness-Hypes massiv befeuert. Einseitige Diät-Tipps, Trends wie „Heroin Chic“ oder übertriebene Sportprogramme setzen vor allem Jugendliche unter Druck. „Gerade junge Menschen mit geringem Selbstwertgefühl vergleichen sich ständig und geraten dadurch in eine gefährliche Spirale“, sagt Knell. Auch Jungen und junge Männer sind betroffen – bei ihnen äußert sich der Druck oft in exzessivem Training und dem Wunsch nach einem muskulösen Körper.
Wenn der Alltag von Essen bestimmt wird
Das Leben dreht sich nur noch ums Essen oder ums Nicht-Essen. Betroffene verlieren oft den Bezug zu Hunger, Sättigung oder Genuss. Eine Essstörung entwickelt sich meist schleichend und wird von außen lange nicht erkannt. Umso bedeutender ist es, frühzeitig Hilfe zu suchen. Eltern und Angehörige sind oft die ersten, die Veränderungen bemerken – bei manchen Kindern bereits im Alter von 9 bis 11 Jahren. Hier braucht es sensiblen Umgang und niederschwellige Anlaufstellen.
Die Hotline bietet Hilfe – kostenlos und anonym
Die Hotline für Essstörungen der WiG steht allen Ratsuchenden offen – egal ob Betroffene, Eltern, Lehrerinnen oder Freundinnen. Sie ist von Montag bis Donnerstag, jeweils von 12 bis 17 Uhr erreichbar: unter 0800 20 11 20 oder per Mail an hilfe@essstoerungshotline.at. Das Angebot umfasst sowohl kurzfristige Unterstützung als auch längerfristige Beratung und vermittelt bei Bedarf an weiterführende Hilfen. Essstörungen sind behandelbar – je früher man sich Hilfe holt, desto besser.