Radiomoderator und Musikwissenschafter Otto Brusatti kommentiert das neue Shakespeare-Stück am Burgtheater.
Man gibt wieder einmal den Sommernachtstraum, das vielleicht vielfältigste Stück des großen William Shakespeare. Im Burgtheater präsentierte man als Koproduktion mit der Ruhr Triennale (Duisburg), wo im Sommer bereits die Uraufführung lief, vor allem mit Hauskräften und unter der Regie von Barbara Frey dies alles (?) in etwas mehr als durchgehenden zwei Stunden. Es war schon eine zwingende Aufführung als ein dahinziehendes Gesamtbild mit Drehbühne und vor allem (seit Wochen in den Medien derart beworben) mit dem „Gag“ (?), dass die Männer und die Frauen mehrfach die Rollen wechseln. (Achtung: Aktuelle Diskussion!)
Ein wenig Musik gibt es zum Auflockern. Die Sache ist stets in ein Grau getaucht. Es wird nie laut, nie ausgelassen, manchmal zieht es sich, die Sprache ist nett gefasst, aus dem Ensemble stechen Sylvie Rohrer und vor allem der Zettel des Oliver Naegele hervor. Weitgehende Begeisterung wogte im Premieren-Publikum, das sich – das Stück wurde allerdings bewusst als ernsthafte Auseinandersetzung mit Ängsten, Fluchtgedanken oder Partnerproblemen inszeniert – manchmal wie im Sommer-Bauerntheater laut kichernd gerierte. Na gut.
Eine Neudeutung ist das nicht gewesen, viel Stehtheater gab es, manchmal wurden die Texte mehr oder weniger nur aufgesagt. Na, auch gut.
Es sei aber zu diesem Anlass (Saisoneröffnungspremiere und internationale Produktion) erlaubt, doch drei Dinge anzumerken:
– Das arge Bühnenbild (mit Fensterscheibenreihen zwischendurch, mit ein paar leicht kaputten Bäumen und mit vier, im Sand halbversunkenen Auto-Wracks) ist in Zeiten von Klimakatastrophen zumindest etwas grenzwertig.
– Es strengt an, eine Inszenierung verfolgen zu müssen, wo sich nichts entwickelt, noch dazu im „Sommernachtstraum“!). Meistens kommen und gehen die Protagonisten, liefern was ab und verschwinden wieder im satten Herbstnebel.
– Aber dann! Ja, ganz bewusst jetzt behauptet: Es geht zu, wie in vielen Inszenierungen jüngst in diesem Theater (es sei beispielhaft auf die Stücke Geschichten aus dem Wienerwald, Die gefesselte Fantasie oder die letzten Inszenierungen von Jelinek-Texten verwiesen, ja sogar zudem auf die handwerklich ausladende, intensive Zauberberg-Bearbeitung), also, nochmals und weiter bewusst salopp: Es geht zu, ohne dass man wirklich mitkriegt, worum es geht. Oder noch schärfer gesagt: Würde man, ohne zuvor irgendwas über den Inhalt des Stückes zu wissen, da ins Burgtheater hineingesetzt, man hätte am Schluss keine Ahnung, worum es auch im weitesten Sinn eigentlich gegangen ist.
[N.B. das ist zwar bei einem Großteil der gängigen Opern auch so, doch dort entschädigt zumeist die Musik.]
Von Otto Brusatti