Ein junges Bartgeier-Pärchen ist in den Tiergarten Schönbrunn eingezogen. Ab sofort leben diese majestätischen Greifvögel mit den Waldrappen, einer weiteren stark gefährdeten Vogelart, in einer begehbaren Voliere.
Die Fauna in ihrer ursprünglichsten Form erlebbar zu machen ist einer der Grundgedanken, den man im Tiergarten Schönbrunn konsequent umsetzt. So auch bei den neuesten Bewohner des ältesten Zoos der Welt – den jungen Bartgeier-Pärchen. Sie leben in einer begehbaren Voliere. Wer die gefiederten Neuankömmlinge entdecken will, muss allerdings hoch nach oben blicken. “Die beiden Tiere stammen aus der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee, an die auch unser altes Pärchen im Rahmen des Zuchtprogramms abgegeben wurde. Die drei Monate alten Nestlinge sind noch nicht flügge und wurden in einen neu errichteten Horst gesetzt. Von dort werden sie in den nächsten Wochen in die Voliere ausfliegen und ihr neues Zuhause erkunden”, erklärt die zuständige zoologische Abteilungsleiterin Simone Haderthauer. Derzeit blicken die beiden bereits neugierig aus dem Horst.
Spezielle Form der Fütterung
Die Fütterung erfolgt ganz speziell, damit die Tiere nicht auf den Menschen geprägt werden. Quasi mittels “Rohrpost” werden ihnen tote Ratten und Kaninchen direkt in den Horst geliefert. Dieses Eingewöhnungskonzept wird auch bei der Auswilderung von Bartgeiern aus Zoos und Vogelstationen angewendet und hat sich bewährt. Gebracht wurden die Neuankömmlinge von Hans Frey, der die Station in Haringsee und auch das Wiederansiedlungsprojekt der Bartgeier wissenschaftlich leitet. “Zwischen dem Tiergarten Schönbrunn und unserer Station besteht seit fast 50 Jahren eine enge Kooperation. Wir haben die gleiche Zielsetzung, wir wollen Arten schützen und sie züchten, um die Bestände in der Wildbahn zu erhalten. Weitere 40 Tiergärten sind an diesem internationalen Projekt beteiligt, um den Bartgeier in den Alpen wieder anzusiedeln.”
Fast ausgerottet
Einst war der Bartgeier in den Alpen heimisch. Obwohl er ein harmloser Aas- und Knochenfresser ist, wurde das Märchen verbreitet, dass er auch Gämsen, Lämmer und sogar Kinder angreifen würde. Deshalb wurde er gnadenlos gejagt. 1913 wurde im Aosta-Tal der letzte Bartgeier im Alpenraum geschossen. Tiergartendirektor Hering-Hagenbeck: “Wir sind sehr stolz darauf, an diesem Projekt mitzuarbeiten und uns an der Erhaltungszucht zu beteiligen. In sechs bis sieben Jahren wird unser neues Pärchen geschlechtsreif sein. Ziel ist es, dass seine Jungtiere im Rahmen des Projekts in die Natur gebracht werden und so ihren ursprünglichen Lebensraum in den Alpen zurückerobern. Mit dem Einzug der Bartgeier in die Waldrapp-Voliere und dem Schmutzgeier nebenan können wir nun drei unserer wichtigen Wiederansiedlungsprojekte an einem Ort vorstellen.”
Mehr Informationen unter www.zoovienna.at