Ein besinnlicher Spaziergang am Kahlenberger Friedhof

(C) Privat: Die Atmosphäre auf dem Kahlenberger Friedhof stimmt auf das Weihnachtsfest ein.(C) Privat: Die Atmosphäre auf dem Kahlenberger Friedhof stimmt auf das Weihnachtsfest ein.
(C) Privat: Die Atmosphäre auf dem Kahlenberger Friedhof stimmt auf das Weihnachtsfest ein.

Teil 60 unserer Serie „Josef Taucher präsentiert: WIENER WUNDER-WELTEN“ führt auf den stillen Kahlenberger Friedhof.

Jedes Jahr am 24. Dezember unternimmt Josef Taucher seinen traditionellen Weihnachtsspaziergang und besucht einen ganz besonderen Ort der Ruhe und Kraft – den Kahlenberger Friedhof. Der Kahlenberger Friedhof, auch Josefsdorfer Friedhof genannt, ist ein kleiner, am südlichen Abhang des ­Kahlenbergs gelegener Friedhof, der eine Handvoll Gräber mit Grabdenkmälern aus der ­Biedermeierzeit (zwischen 1814/1815 und 1848) umfasst. Hier sind unter anderem der große Feldmarschall, Diplomat und Schriftsteller Charles-Joseph de Ligne oder auch Karoline Traunwieser – die schönste Frau Wiens – bestattet.

So schön wie Keine

Die am 8. Dezember 1794 in Wien geborene Karoline Traunwieser soll so außergewöhnlich schön gewesen sein, dass ihr die Männer zur Zeit des Wiener Kongresses in Scharen zu Füßen gelegen sind. Die umgarnte Sängerin wuchs als ­Tochter einer Antiquitätenhändlerin aus Wien auf und soll einem in Wien dienenden französischen Oberst in tiefster Liebe ergeben gewesen sein. Als dieser beim Rückzug Napoleons aus Moskau im November 1812 an der Beresina fiel, brach das Herz der jungen Wiener Schönheit. Aus Gram über den Verlust ihres Geliebten – so heißt es – starb Lottchen Traunwieser (wie sie auch liebevoll genannt wurde) im zarten Alter von nur 21 Jahren an der Lungenschwindsucht. Die Inschrift auf ihrem Grab auf dem Kahlenberger Friedhof lässt noch immer die Verehrung erkennen, die man ihr entgegenbrachte.

Faszinierender Bericht

Der österreichische Orientalist und Gründer der Akademie der Wissenschaften Joseph von ­Hammer-Purgstall schilderte sein erstes Zusammentreffen mit der Wiener Schönheit ­folgendermaßen:

„… Auf einem Balle (am 18. 2. 1811) bemerkte ich in einem Teile des Tanzsaales ein besonderes Gedränge. Ich drängte mich ebenfalls hin und war das erste und einzige Mal in meinem Leben von einer wirklich himmlischen Schönheit ergriffen wie nie vorher und seitdem. Es war Fräulein Traunwieser, die schönere Tochter der Besitzerin des Kahlenberges, einer in ihrer Jugend auch sehr schönen Frau. Lottchen war ­unstreitig die größte Schönheit Wiens. Eine Peri (wunderschöne persische Fee), wie ich sie nur geträumt, nie gesehen hatte …“

Wunderbare Tradition

„Der traditionelle Spaziergang am 24. Dezember hinauf zum Kahlenberger Friedhof ans Grab von Karoline Traunwieser ist immer ein ganz besonderer ­Moment für mich. Es ist die Gelegenheit, das Jahr und seine ­Ereignisse Revue passieren zu lassen, nachzudenken und innezuhalten“, erzählt Gemeinderat und Wiener-Wunderwelten-­Initiator Josef Taucher. „Die Route über den Stadtwanderweg 1a von Nussdorf ins Kahlenbergerdorf ist ein Genuss – vor allem dann, wenn die ersten Schneeflocken fallen und die Landschaft von einem weißen Zuckerteppich umhüllt wird.“