Wie ein Klosterfriedhof zum Regierungszentrum wurde

(C) Privat: In den Morgenstunden ist der Minoritenplatz ein herrlicher Ort der Stille.
(C) Privat: In den Morgenstunden ist der Minoritenplatz ein herrlicher Ort der Stille.

Teil 59 unserer Serie „Josef Taucher präsentiert: WIENER WUNDER-WELTEN“ führt ins Stadtzentrum.

Wussten Sie eigentlich, dass der Minoritenplatz einst ein Klosterfriedhof war? Dort, wo sich heute die Petrarcagasse befindet, stand im 15. Jahrhundert das Tor zum Friedhof. Ein kleines Stück östlich vom Volksgarten im Herzen Wiens liegt der Minoritenplatz – ein historischer Ort. Zentral am Platz und kaum zu übersehen ragt die imposante Minoritenkirche empor, die einst von einem Friedhof umschlossen war. Die Kirche ließ der böhmische König und österreichische Herzog Ottokar II. Přemysl im 13. Jahrhundert errichten.

Nachdem Ottokar im Jahr 1278 in der Schlacht auf dem Marchfeld – die im ­Übrigen als eine der größten Ritterschlachten Europas gilt – im Kampf gegen die Habsburger ums Leben gekommen war, wurde er hier dreißig Wochen lang aufgebahrt. Im 18. Jahrhundert wurde das Gotteshaus zur italienischen Nationalkirche umgewidmet, was sie bis heute ist. Bevor der Minoritenplatz 1786 seinen Namen erhielt, wurde er „Bei den minderen Brüdern“ oder zeitweise auch „Auf dem Freithof der minderen Brüder“ genannt.

Mit Charme

Heute ist der Platz im Stadtkern als Regierungszentrum bekannt – hier befinden sich das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und ­Forschung und das Österrei­chische Staatsarchiv.

Josef Taucher, Gemeinderat und Initiator der Wiener Wunderwelten, ist ein Fan des Platzes: „Der Minoritenplatz ist ein Ort mit besonderem Charme. Wer zeitig am Morgen entlang des Platzes vorbei an der Minoritenkirche schlendert, erlebt vollkommene Stille. Als ich eines Tages im Winter ganz früh am Morgen über den Platz, der vom Schnee bedeckt war, spazierte und niemand sonst außer mir zu sehen war, erlebte ich ein bisher noch nie da gewesenes Gefühl der inneren Ruhe und Konzentration – ein fast meditativer Zustand, der mir ewig in Erinnerung bleiben wird.“