Theater im Gemeindebau übt brandaktuelle Sozialkritik

Theater im Gemeindebau Utopia Theater
Das Utopia Theater tourt mit „Bezahlt wird nicht“ von Dario Fo durch Wiens Gemeindebauten und Parks. © Judith Stehlik

Das Utopia Theater tourt im August mit „Bezahlt wird nicht“ durch Wiens Gemeindebau-Höfe und Parks. Das Stück von Dario Fo hat an Aktualität nichts verloren. Eine Gesellschaft, in der Menschen kaum noch von ihren Jobs überleben können, bereitet den Nährboden für Politikverdrossenheit, Demokratiegefährdung und für Rechtspopulismus. 

„Theater im Gemeindebau“ bringt Kultur zu den Menschen ins Grätzel – in die Höfe der Gemeindebauten oder in Parks und auf öffentliche Plätze. Bei den kostenlosen Vorstellungen stehen oft Stücke auf dem Programm, die sozial- und gesellschaftskritische Themen aufgreifen. Das Utopia Theater bringt im August mit „Bezahlt wird nicht“ ein weiteres Juwel dieses Genres zur Aufführung.

Rasante Komödie mit ernstem Hintergrund und starker Sozialkritik

Dario Fo erzählt die komödiantisch überzeichnete Geschichte zweier Arbeiterfamilien, die sich – angesichts rasant steigender Lebenshaltungskosten von Existenzsorgen geplagt – ideenreich durch ihr finanziell bescheidenes Leben schlagen und dabei einen gewagten Tanz am Rande der Legalität aufführen. Als es in einer aufgeheizten Stimmung zu Plünderungen in Supermärkten kommt, schließen sich die meisten Frauen eines Grätzles spontan der „Selbstbedienung“ an. Erwartungsgemäß folgen Razzien der Polizei in allen Wohnungen des Viertels. Die Frauen müssen ihre Beute daher nicht nur vor ihren ahnungslosen Männern, die nur vereinzelt in ihren Betrieben aufbegehren, sondern auch vor der Polizei verstecken. Plötzlich scheinen fast alle Frauen im Grätzel schwanger zu sein. Die Verwirrung spitzt sich zu, als auch die Männer Lebensmittel unbezahlt an der Polizei vorbei nach Hause schmuggeln …

Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander

Mieten, Energiekosten und Inflation treiben die Lebenshaltungskosten rasant in die Höhe. Selbst täglich benötigte Lebensmittel werden zunehmend unerschwinglich. Nicht nur Alleinerziehende und Arbeiterfamilien werden von anwachsenden Existenzsorgen geplagt. Etliche Unternehmen machen auf Kosten der Ärmsten Übergewinne, zahlen ihren Managern fette Boni aus, zwingen aber die Gewerkschaften und Arbeitnehmer zu maßvollen Lohnerhöhungen, weil der Wirtschaft ohnehin schlechte Prognosen drohten. Die meisten Regierungen wagen keine gröberen Eingriffe in die Wirtschaft. Manche sehen ihr Heil in fragwürdigen Einmalzahlungen – für alle. Die nachhaltige Entspannung der wirtschaftlichen Krise bleibt aus.

Immer mehr von allem – und trotzdem reicht es nicht zum Überleben

„Bezahlt wird nicht“ entstand Anfang der 1970er Jahre und hat bedauerlicherweise nichts an Aktualität verloren. Es thematisiert das soziale Dilemma oft sehr schlecht bezahlter Arbeitskräfte. Viele können selbst von ihrem Fulltime-Job nicht „über-leben“. Immer mehr Menschen sehnen sich nach einer sinnvollen Work-Life-Balance. Klima- und Umweltentwicklungen verlangen eigentlich entschiedene Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Existenz. Die Prinzipien des herkömmlichen Leistungsdenkens und der Konsumgesellschaft müssen dringend überdacht werden. Dennoch sollen wir immer mehr arbeiten, um das bestehende gesellschaftliche Gefüge – und damit auch das offensichtlich vorhandene Ungleichgewicht – aufrecht zu erhalten.

Gefühl der Ohnmacht lässt Rufe nach „hartem Durchgreifen“ laut werden

Die Komödie beschreibt überzeichnet das ernste Problem des kollektiven Gefühls der Ohnmacht, diesen existenzbedrohenden Entwicklungen schutzlos ausgeliefert zu sein. Dieses Gefühl der Ratlosigkeit und Hilflosigkeit mündet nicht selten in Politikverdrossenheit. Vertrauensverlust in Demokratie und in Medien sind die weitere Folge. Rechtspopulisten nützen diese Stimmung, schüren Feindbilder und melden sich mit markigen Parolen zu Wort. Sie täuschen mit plumpen Schuldzuweisungen vor, für komplexe Probleme einfache Lösungen zu haben. Sehr oft mangelt es jedoch an konstruktiven Vorschlägen. Eine Stimmung, in der immer mehr Menschen beginnen, der Demokratie zu misstrauen und sich einen „starken Mann“ herbeisehnen, der rasche Entscheidungen trifft.

Termine:
Eintritt frei, Beginn jeweils 17.30 Uhr
(oder wenn anders, angegeben).

  • 9.8.2024, 18 Uhr, Wasserpark Floridsdorf (Zugang An der Oberen Alten Donau), 1210 Wien
  • 12.8.2024, Reumannhof, Brandmayergasse 37-39/ Stg. 6, 1050 Wien
  • 13.8.2024, August-Bergmann-Hof, Mozartplatz, 1040 Wien
  • 14.8.2024, Thürnlhof, Blockberggasse 1, 1110 Wien
  • 19.8.2024, Franz-Weber-Hof, Weinberggasse 60-70, 1190 Wien
  • 20.8.2024, Arne-Carlsson-Park, Währinger Straße/Eingang Spitalgasse, 1090 Wien
  • 21.8.2024, Dornerplatz, 1170 Wien
  • 22.8.2024, Dr. Karl-Landsteiner-Hof (Bärli Park), Schelleingase 28-30, 1040 Wien
  • 26.8.2024, Eiselsberghof, Bacherplatz 4, 1050 Wien
  • 28.8.2024, Wildganshof, Leberstraße 2, 1030 Wien
  • 29.8.2024, Grätzlzentrum Bassena, Am Schöpfwerk 29/14 (bei Schlechtwetter: Pfarrsaal), 1120 Wien
  • 30.8.2024, Schlingermarkt, Brünnerstraße, 1210 Wien
  • 1.9.2024, 17 Uhr, Seestadt, Elinor Ostrom Park, Mela Köhler Straße 7, 1220 Wien
  • 2.9.2024, 17 Uhr, Gemeindebau, Hackingerstraße 32a/ Stg. 14/15  (bei Schlechtwetter: Pensionist*innenclub „All in Penzing”, Käthe-Dorsch-Gasse 17/ Stg. 1), 1140 Wien
  • 3.9.2024, 17 Uhr, Josef-Strauß-Park (Eingang Enzingergasse), 1070 Wien (Ersatztermin: 4.9., 17 Uhr)
  • 5.9.2024, 17 Uhr, Hamerlingpark, Hamerlingplatz, 1080 Wien
  • 6.9.2024, 17 Uhr, 12.-Februar-Platz, 1190 Wien