„High-Protein“-Lebensmittel sind wenig sinnvoll

Eine ausgewogene Ernährung ist ausreichend und oft günstiger als „High Protein“-Produkte. ©Silke Mitteregger

Eiweißbrot, Protein-Joghurt und High-Protein-Eis locken mit dem „gesunden“ Plus an Eiweiß und sollen vor allem für sportlich aktive Menschen wichtig sein. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat derartige Produkte unter die Lupe genommen und nimmt eine Einschätzung vor.

Laut Österreichischem Ernährungs­bericht 2017 nehmen Frauen und Männer genügend Protein zu sich, im Durchschnitt sogar zu viel. Die empfohlene Zufuhr von Protein für gesunde normalgewichtige Erwachsene liegt bei rund 0,8 Gramm pro Kilo­gramm Körpergewicht pro Tag. Das gilt auch für Personen, die regelmäßig Sport treiben. „Für ältere Menschen, Leistungssportler oder Personen, die unter bestimmten Erkrankungen leiden, kann eine höhere Proteinzufuhr notwendig sein. Im Regelfall ist die Mehrheit der Bevölkerung aber überversorgt“, erklärt Ernährungswissenschafterin Teresa Bauer vom VKI.

Nicht automatisch mehr Eiweiß enthalten

Der VKI hat stichprobenartig Produkte verschiedener Lebensmittelkategorien miteinander verglichen – dabei wurden proteinreiche Lebensmittel herkömmlichen Produkten gegenübergestellt. Während der Preis bei Proteinprodukten durchwegs hoch angesetzt ist, enthalten diese nicht zwingend mehr Eiweiß. So ist der „NÖM Pro Cottage Cheese“ sogar um 55 Prozent teurer als der „Cottage Cheese Schnittlauch“ von Milfina. Er enthält aber weniger Eiweiß als das Vergleichsprodukt (11,8 g versus 13 g pro 100 g). Ähnliches gilt für den Schnittkäse „MINI Babybel High Protein“, der zwar um stolze 46 Prozent teurer ist als der „Milfina Goudina in Scheiben“, der Eiweißgehalt ist aber niedriger (25 g versus 30 g pro 100 g). Auch die Milchalternative „Joya & Dream Mandel Protein“ enthält trotz Sojabohnen-Zusatz weniger Protein als der reguläre „Sojadrink Natur“ von Alnatura (3,2 g versus 3,6 g pro 100 ml).

Nicht zwingend kalorienärmer

Wer glaubt, High-Protein-Produkte enthalten jedenfalls weniger Kalorien als normale Lebensmittel, irrt in vielen Fällen. So enthält das – um 166 Prozent teurere – „SPAR Natur pur Bio-Eiweißbrot“ zwar tatsächlich mehr Eiweiß als das „SPAR Natur pur Bio-Roggen-Vollkornbrot“, allerdings nimmt man damit auch mehr Kilokalorien auf (208 kcal versus 188 kcal pro 100g). Das Eiweißbrot enthält zudem mehr Fett (6,1 g versus 1,1 g pro 100 g). Auch das „BILLA Protein Naturjoghurt“ enthält mehr Kalorien als beispielsweise das „Clever Joghurt Natur 0,1%“ (51 kcal versus 40 kcal pro 100 g). „Um Lebensmittel, etwa Brot, protein­reicher zu machen, werden oft Weizen­eiweiß, Molkepulver oder Leinsamen beigemischt“, erläutert Bauer. „Diese Zusätze machen die Produkte zwar kohlenhydratärmer, der Zusatz von Ölsamen das Brot aber auch fett- und kalorienreicher.“

Teils viele Zusatzstoffe und hochverarbeitet

Wie bereits eine Erhebung des VKI zu Proteindrinks und -riegel im Jahr 2019 gezeigt hat, können High-Protein-Produkte viel Zucker enthalten. Doch auch die Menge an zugesetzten Süßungsmitteln und anderen Zusatzstoffen kann beträchtlich sein: So beinhaltet das High-Protein-Eis „Frozen Power Salted Caramel“ insgesamt 14 Zusatzstoffe bzw. Aromen, davon 5 unterschiedliche Süßungsmittel. Der Proteinriegel „Foodspring Soft Caramel“ weist 7 Zusatzstoffe, darunter zwei Süßungsmittel, auf. Auch Aromen werden mehrmals in der Zutatenliste genannt. Und auch im Protein-Kakaogetränk „Chiefs Choco Mountain“ sind 5 Zusatzstoffe bzw. Aromen zu finden, während der um 141 Prozent günstigere „Schärdinger Schoko Drink leicht“ gänzlich ohne Zusatzstoffe auskommt.

Reguläre Ernährung kann Bedarf decken

„Um den täglichen Pro­teinbedarf zu decken, benötigt man keine High-Protein-Produkte. Denn in ganz normalen Lebensmitteln wie Milch­produkten, veganen Alternativen wie Sojadrinks oder Sojajoghurt, Eier, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchten wie Bohnen und Linsen sowie Nüssen sind genügend Proteine enthalten. Auch Getreideprodukte wie Brot, Haferflocken und Nudeln tragen wesentlich zur Proteinaufnahme bei“, informiert Teresa Bauer abschließend. Auch wer Sport treibt, nimmt mit einer halb­wegs ausgewogenen Ernährung genü­gend Proteine zu sich. Damit kann man nicht nur viel Geld sparen, sondern auch unnötige Kalorien und Zusatz­stoffe vermeiden, die ,Sportpro­dukten‘ oft zugesetzt werden.

Hans Steiner
Chefredakteur