Liesing: Tunnel-Bohrmaschine bahnt Regenwasser den Weg

Gerald Bischof (l.), Marlies Greußing und Wolfgang Ermischer vor dem Tunnelbohrer © Berger

Modernste Tunnelbauweise unter dem Liesingbach: Wien Kanal setzt auf “Microtunneling” für neuen Regenwasserkanal – besondere Herausforderungen inklusive.

Der Weg zurück zur Natur ist nicht immer einfach. Da sieht man jetzt in Inzersdorf. Als Voraussetzung für die Renaturierung des Liesingbaches errichten die Abwasserprofis derzeit einen neuen Regenwasserkanal unter dem Liesingbach. Sie arbeiten aktuell an einem speziellen Abschnitt dieses Projekts an der Südeinfahrt Wiens. Dort, wo die Liesing den Autobahnknoten Inzersdorf quert, fließt der Bach auf einer Strecke von 100 Metern unter den Brücken der achtspurigen Triester Straße (B17), die in die A2 mündet. Zudem wird eine Brücke für die beiden Gleise der Badner Bahn und mit dem Hermannsteg eine Fußgängerbrücke unterquert.

Die eingesetzte Bohrmaschine ist 3,75 Meter lang und 13 Tonnen schwer © Berger

Besondere Aufmerksamkeit gilt zwei Hochspannungsleitungen, die in einem Abstand von nur 25 Zentimetern gequert werden müssen. Deshalb wird in diesem Bereich nicht offen gegraben, sondern mit einer Spezialmaschine gebohrt. Modernste Technik macht es möglich. Zum Einsatz kommt eine Tunnelbohrmaschine, die es in sich hat.

“Technik-Fans dürfen dabei ins Schwärmen kommen”, zeigt sich Wien Kanal Bauleiterin Marlies Greußing begeistert. “Der eingesetzte 3,75 Meter lange und 13 Tonnen schwere Bohrkopf zermalmt mit sechs Umdrehungen pro Minute und 258 Kilonewtonmeter Drehmoment das Erdreich am Bohrkopf. Das entspricht der Kraft von ca. 5.000 handelsüblichen Bohrmaschinen.” 

Schutz vor Verunreinigungen

Mit einen Durchmesser von 800 Millimeter schützt der Kanal unter dem Bach vor Verunreinigungen aus dem Regenwassersystem im 23. Bezirk. Der aktuelle 100 Meter lange Abschnitt wird dabei als Doppelrohr ausgeführt. Mittels modernster Tunnelbohrtechnik wird ein Bohrloch und Stahlbeton- Schutzrohr mit 1.500 Millimeter Außendurchmesser (1.200 Millimeter Innendurchmesser) unter den Brücken vorgetrieben. Die Abwasserprofis rechnen je nach Beschaffenheit des Erdreichs täglich 15 bis 20 Meter im Untergrund zu schaffen.

33 dieser Rohre mit einem Gesamtgewicht von 152 Tonnen werden verbaut © Berger

Bezirksvorsteher Gerald Bischof: „Die Kanalprofis leisten hier Großartiges! Der Kanal ist die Grundlage für das Projekt, da er für einen sauberen Bach sorgt. Die Renaturierung anschließend bringt einen hochwertigen Lebensraum für Flora und Fauna und damit einen attraktiven Naherholungsraum für uns alle!“

Großprojekt bis 2027

Mit insgesamt 30 Kilometer ist der Liesingbach der längste Wienerwaldbach. Bis 2027 wird das Gewässer von der Fachabteilung Wiener Gewässer im Rahmen des Großprojekts „Integrativer Hochwasserschutz Liesingbach“ auf einer Länge von 9,2 Kilometer naturnahe rückgebaut. Im Zuge dessen werden von Wien Kanal rund 9 Kilometer Kanal errichtet, 5,5 Kilometer davon werden im Bachbett verlegt. Für den Betrieb und die Wartung werden entlang der Strecke 16 Trennbauwerke, 7 Abfallschächte und 29 Putzschächte errichtet.

Blick in den Schacht in dem der Bohrer Fahrt aufnimmt © Berger

Die Regenwasserkanäle, die bisher in die Liesing mündeten, werden an den neuen Kanal angeschlossen. Bei Regen kann so der erste Schwall mit verunreinigtem Regenwasser von den umliegenden Verkehrsflächen im neuen Kanal abgefangen und zur Reinigung in die Kläranlage nach Simmering geleitet werden. Auch Störfälle, wo gefährliche Stoffe über die Regenwasserkanalisation in den Bach gelangen könnten, sichert der neue Kanal zukünftig ab. Das verbessert die Wasserqualität.