Wohnungslosigkeit entsteht durch ein Zusammenspiel individueller Lebensumstände und struktureller Faktoren – und genauso vielfältig müssen die Auswege sein. Die Organisationen des Verbands Wiener Wohnungslosenhilfe arbeiten daher mit einem breiten Spektrum an Ansätzen: von Wohnungssicherung über aufsuchende Sozialarbeit, mobil betreutes Wohnen bis hin zu Housing First.

Diese Vielfalt ermöglicht individuelle Lösungen, die sich an der Lebenssituation der Betroffenen orientieren. „Wer seine Wohnung verliert, verliert Sicherheit, Alltag und Struktur“, sagt Mag.a Johanna Reithner von der Volkshilfe Wien. „Eine moderne Wohnungslosenhilfe braucht das ganze Spektrum – von Prävention bis Notquartier.“

Wien als Vorbild – aber Budgets unter Druck

Über Jahrzehnte hat sich in Wien ein starkes Netzwerk entwickelt, das soziale Verantwortung, Kooperation und Innovation vereint. Dieses System gilt als Erfolgsfaktor im Kampf gegen Wohnungslosigkeit. Doch der Verband warnt: Einsparungen im Sozialbereich könnten diese Errungenschaften gefährden.

„Das Sicherheitsnetz darf nicht brüchig werden“, betont Nicole Meissner, Geschäftsführerin der St. Elisabeth-Stiftung. „Wohnraum allein reicht nicht – es braucht psychosoziale Unterstützung, Bildungsangebote und Arbeitsintegration. Nur so können nachhaltige Perspektiven entstehen.“ Besonders wichtig sei es, Barrieren für Alleinerziehende, Kinder und gewaltbetroffene Frauen abzubauen.

Soziales Wohnungsmanagement als Schlüssel

Ein weiteres zentrales Element ist das soziale Wohnungsmanagement – eine Brücke zwischen kurzfristiger Hilfe und langfristiger Stabilität.
„Es vermittelt zwischen Mietern, Eigentümern und Behörden, erkennt Krisen frühzeitig und sorgt dafür, dass Wohnraum erhalten bleibt“, erklärt Gernot Ecker vom Wiener Hilfswerk. „Eine moderne Wohnungslosenhilfe braucht diese flexiblen, niederschwelligen Angebote.“

Zahlen, Ziel und Auftrag an die Politik

Im Jahr 2023 waren in Österreich über 20.500 Menschen als obdach- oder wohnungslos registriert, davon rund 11.400 in Wien. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher – insbesondere bei Frauen, jungen Erwachsenen und Geflüchteten, die oft „verdeckt wohnungslos“ sind.

Die EU hat sich das Ziel gesetzt, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden – auch Österreich hat sich verpflichtet. Damit dieses Ziel realistisch bleibt, braucht es laut dem Verband verlässliche Finanzierung, mutige Politik und den gemeinsamen Willen, präventive Ansätze zu stärken.

Appell an die Politik: „Viele Wege offenhalten“

Der Verband Wiener Wohnungslosenhilfe richtet einen klaren Appell an alle politischen Ebenen:

„Wohnungslosigkeit lässt sich nur bekämpfen, wenn viele Wege offenbleiben – Wege, die aus Notlagen herausführen, Chancen eröffnen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.“