Ein Tag, der Literaturgeschichte schrieb

Obwohl der Roman 1951 erschienen ist, spielt seine Handlung größtenteils an einem einzigen Tag: dem 21. September 1925. Gleich im ersten Satz des Werkes wird ein dramatisches Ereignis geschildert – die schöne Mary K. verliert am Althanplatz (heute Julius-Tandler-Platz) durch einen Straßenbahnunfall ein Bein. Erst gegen Ende des Romans wird diese Szene in allen Details erzählt und verknüpft die Schicksale der Figuren miteinander.

Theater in der Josefstadt als Jubiläumspartner

Die Tradition des „D-Day für Doderer“ gibt es seit fünf Jahren. Heuer findet das Event erstmals im Theater in der Josefstadt statt. Um 11 Uhr wird Helmut Schneider vom echo medienhaus mit dem bekannten Publizisten Franz Schuh über Doderers Werk und seine Bedeutung diskutieren. Schauspielerin Martina Ebm, bekannt aus dem Ensemble der Josefstadt, liest ausgewählte Passagen aus dem Roman.

Vom Geheimtipp zur Wiener Sehenswürdigkeit

Als der Roman 1951 erschien, kannten nur wenige Alsergrunder die Strudlhofstiege, die 1910 als Jugendstil-Treppe aus Mannersdorfer Kalkstein eröffnet worden war. Um den Verkauf anzukurbeln, wurde der Untertitel „Melzer und die Tiefe der Jahre“ hinzugefügt – obwohl Leutnant Melzer nur eine von vielen Figuren ist. Erst der Erfolg des Buches machte die Treppe zu einem bekannten Wiener Wahrzeichen.

Ein Roman voller Geschichten

Der Inhalt der Strudlhofstiege lässt sich nur schwer zusammenfassen. Doderer selbst schrieb dazu in sein Tagebuch: „Ein Werk der Erzählungskunst ist es um so mehr, je weniger man durch eine Inhaltsangabe davon eine Vorstellung geben kann.“
Dennoch bietet der Roman alles, was große Literatur ausmacht: eine tragische Ehegeschichte, die in einem Selbstmord endet, einen spektakulären Straßenbahnunfall, Liebesgeschichten, einen Schmuggelversuch, eine mysteriöse Doppelgängerin, eine Bärenjagd und die weitreichenden Folgen einer nicht gestellten Frage.

Franz Schuh über Doderers Stärke

Philosoph und Autor Franz Schuh betont Doderers außergewöhnliches Talent:
„Er hatte extreme Stärken – als Künstler, aber auch durch eine innere Kraft, die man spürt, schon daran, dass seine Bücher Wälzer sind. Und er hält dabei den Atem durch – etwas, das wir heute kaum mehr kennen, weil die Menschen durch digitale und analoge Zerrissenheit in sich zerstreut sind.“

D-Day für Doderer – 100 Jahre Strudlhofstiege
📅 21. September 2025, 11 Uhr
📍 Theater in der Josefstadt, Sträußelsäle
Infos: josefstadt.org