In der Otto-Preminger-Straße 2 lohnt sich ein Blick nach oben entlang des Wohnhauses. Die Künstlerin Barbara Kapusta erzählt mit einem Wandbild von Nachbarschaft, Zusammenleben und von der Kunst, Unterschiede als verbindendes Element zu begreifen.
Die Fassade des Wohnhauses, das sogenannte „Stadtregal“, ist schmal, hoch – und nun ein echter Hingucker. Mit ihrem neuen Werk „This is the space we inhabit as neighbors“ schenkt Barbara Kapusta den Bewohnern und Spaziergängern in der Landstraße eine künstlerische Einladung zum Mitdenken. Denn wer die geheimnisvollen schwarzen Zeichen an der weißen Wand liest, beginnt eine kleine Entschlüsselungsarbeit, die weit über die Architektur hinausführt. Sie handelt von uns allen, die wir in dieser Stadt Nachbarn sind.
Ein Alphabet des Miteinanders
Kapusta hat für das Wandbild ein eigenes figuratives Alphabet entwickelt. Die Formen erinnern an Flügel, Sprechblasen oder Flammen – und doch sind sie Buchstaben, die den Satz „This is the space we inhabit as neighbors“ bilden. Was so nüchtern klingt, entfaltet an der Fassade eine poetische Kraft. Es ist eine Einladung, den Raum des Zusammenlebens aktiv mitzugestalten. Kapusta versteht die Zeile als Vorschlag: Jeder kann Nachbar sein – trotz aller Unterschiede, vielleicht sogar gerade deswegen.
Nachbarschaft als Prozess
Spannend ist, dass das Werk nicht nur angeschaut, sondern im Kopf der Betrachter immer wieder neu zusammengesetzt wird. So wie das Leben im Haus oder Grätzl: dynamisch, manchmal widersprüchlich, aber immer gemeinschaftlich. Kapusta betont, dass Nachbarschaft nichts Statisches ist, sondern täglich neu ausgehandelt werden muss. Die Kunst macht diesen Prozess sichtbar und fordert auf, ihn bewusst zu gestalten.
Von Bratislava nach Wien
Entstanden ist Kapustas besondere „Flammenschrift“ ursprünglich 2022 für die Ausstellung Futures in der Kunsthalle Bratislava. Dort war sie Teil einer Videoarbeit, die von einer postfossilen Zukunft erzählte, in der Menschen in Fülle und Gleichberechtigung leben. Dass dieses Werk nun an einer Wiener Wohnhausfassade weiterlebt, gibt ihm eine zusätzliche, sehr lokale Dimension. Die Geschichte der Nachbarschaft wird hier im wahrsten Sinne des Wortes auf die Stadt geschrieben.
Tipp:
Die feierliche Eröffnung findet am Mittwoch, 17. September um 17 Uhr direkt vor Ort in der Otto-Preminger-Straße 2, 1030 Wien statt. Mit dabei: Stadträtin Veronica Kaup-Hasler, ARWAG-Vorstandsdirektor Thomas Drozda und Cornelia Offergeld von KÖR Wien. Ein idealer Anlass, um Nachbarn zu treffen – und vielleicht gemeinsam zu entziffern, was die Zeichen an der Fassade dir persönlich sagen.