Tschauner Bühne trauert um Original der Wiener Kulturszene.
Ihr Alter war lange ein gut gehütetes Geheimnis. Im März 2020 wurde sie anlässlich ihres 90. Geburtstages geehrt. Sie aber sagte: „Ich habe kein Alter, ich bin zeitlos!“
Emmy Schörg wurde in Wien-Hernals als Tochter eines Chauffeurs und einer Postangestellten geboren. Seit sie 3 Jahre alt war, wollte sie auf die Bühne. Das Vortragen von Gedichten brachte Zuckerln und ein paar Schillinge Taschengeld. Der Applaus war aber ihre echte Belohnung – und dieser sollte ihr das ganze Leben treu bleiben. Der große Traum Balletttänzerin zu werden konnte nicht erfüllt werden. Nach langem Bitten wurde aber eine Operettenausbildung am Wiener Horak-Konservatorium ermöglicht. Schon während des Studiums spielte Schörg verschiedene Rollen, wurde vom Konservatorium verwiesen, weil es Studierenden verboten war Engagements anzunehmen und beendete ihre Ausbildung mittels Privatunterricht, den sie mit ihren Gagen finanzieren konnte. Es folgte ein langes Theaterleben mit Auftritten an zahlreichen Wiener Schauspielhäusern, im Stadttheater St. Pölten, Erfolge als Operetten- und Wienerlied-Sängerin, im OttakringerMarionettentheater und als Leiterin ihrer eigenen Märchenbühne, die sie über 10 Jahre mit ihrem Mann Karl Groschner und ihrer Tochter Sonja, die später mit nur 27 Jahren bei einem Autounfall starb, führte.
Zur Tschauner Bühne und zum Stegreifspiel kam Emmy Schörg als Einspringerin. Beim „Rumpelstilzchen“ war die Müllerstochter zu besetzen, eine Rolle, die Emmy studiert hatte und nun – unwissentlich – ohne fixen Text aus dem Stegreif spielen sollte. In der Pause wollte sie sich davonschleichen, wurde aber von einer Kollegin erwischt und zum bleiben überredet. „Nie wieder Stegreif!“ war daraufhin die Ansage, die sie fünf Jahre lang eisern
einhielt. Doch das ewige Warten beim Film und der dort fehlende Applaus machten sie nicht glücklich. Alle bescheinigten ihr für das komische Fach geboren zu sein und so kehrte sie auf die Stegreifbühnen Wiens zurück: Alle haben sich um Emmy Schörg gerissen!
Auf der Tschauner Bühne war Emmy Schörg über fünf Jahrzehnte lang zu Hause. Sommer für Sommer begeisterte sie ihr Publikum und wurde Abend für Abend mit Auftrittsapplaus belohnt. Am 12. Juni 2020 ist Emmy Schörg in Wien gestorben. Das klassische Stegreifspiel am Leben zu halten, war immer ihr Wunsch und Ziel. Die Tschauner Bühne wird diese Tradition auch in Zukunft weiterführen – stets im Gedenken an Emmy Schörg, der Grande Dame dieser alten Schauspielkunst.
Es war einmal ein kleiner Applaus,
den nahm ein Künstler mit nach Haus‘.
Er freute sich darüber, wie ein kleines Kind.
Wie bescheiden doch die Künstler sind!
(Emmy Schörg)