Mehrheit der Wiener Hackler darf nicht wählen

(C) Schedl Ludwig: Vor allem Arbeiter haben aufgrund des restriktiven Staatsbürgerschaftsrechts in Österreich wenig politisches Mitspracherecht.
(C) Schedl Ludwig: Vor allem Arbeiter haben aufgrund des restriktiven Staatsbürgerschaftsrechts in Österreich wenig politisches Mitspracherecht.

Am 9. Oktober findet die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten der nächste große Urnengang statt. Rund 700.000 Menschen sind von dieser und auch anderen Wahlen ausgeschlossen. Obwohl sie in Österreich arbeiten, hier leben und ihre steuern zahlen, haben sie schlichtweg keine politische Mitsprache. Grund dafür: Sie besitzen keine österreichische Staatsbürgerschaft, obwohl viele von ihnen hier geboren sind.

Hackler betroffen

Das Problem trifft vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter, wie der Wirtschaftsprofessor Nikolaus Kowall in seiner YouTube-Serie „Kowall redet Tacheles“ erklärt: „Von den 1,4 Millionen Arbeitern in Österreich, hat eine halbe Million keine Staatsbürgerschaft. Also mehr als jeder dritte!“ Während bei den Handwerkern rund ein Viertel der Beschäftigten keine Staatsbürgerschaft besitzen, ist der Anteil unter den Leuten, die Maschinen bedienen bei 34 Prozent. Bei Hilfsarbeitern sind es sogar 50 Prozent. Also jeder zweite ist hier von demokratischen Prozessen ausgeschlossen.

Eine politisch brisante Problematik, wie Kowall befindet. „Da stellt sich eine einfache Frage: Wie sollen die Interessen von Hilfsarbeiterinnen Gehör finden, wenn jede zweite nicht einmal wählen darf?“ Damit geht einem gesamten Berufsstand politischer Einfluss verloren.

Lage in Wien

In Wien haben sechs von zehn Arbeitern kein Wahlrecht. Im Bereich Handwerk haben 56 Prozent eine ausländische Staatsbürgerschaft, unter Leuten, die Maschinen bedienen, 67 Prozent und unter den Hilfsarbeitern sage und schreibe 82 Prozent. „Würde man salopp sagen, die Wiener Arbeiterschaft hat keine politische Mitbestimmung, wäre das nicht einmal übertrieben.“

AK Wien fordert erleichterten Zugang

Auch die Arbeiterkammer Wien sieht hier ein großes demokratiepolitisches Defizit. Bei ihrer Vollversammlung im Frühjahr traf die Vertretung der Arbeiter und Angestellten einen historischen Beschluss: Hier geborene Kinder – auch Kinder die mindestens die Hälfte der Schulpflicht in Österreich durchlaufen haben – sollen nach fünf Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten können. Zusätzlich sollen die Kosten für den Erhalt gesenkt werden.

Strenges Österreich

Österreich hat eines der restriktivsten Staatsbürgerschaftsgesetze der Welt. Hohe Verwaltungskosten und komplizierte Regeln führen dazu, dass vielen Menschen ein österreichischer Pass verwehrt wird. Beispielsweise gibt es eine sogenannte „Abwesenheitsregel“. Um die Staatsbürgerschaft zu erhalten benötigen Antragssteller einen 6 bis 10 jährigen Aufenthalt im Land. Maximal 20 Prozent der Zeit dürfen im Ausland verbracht werden. Entsendet beispielsweise ein Arbeitgeber seinen Angestellten ins Ausland, kann dadurch der Erhalt der Staatsbürgerschaft gefährdet sein. Ebenso Verwaltungsstrafen – wie etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Auto – kann dies gefährden.

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