Plagiate: Die Folgen des wissenschaftlichen Fehlverhaltens

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In den vergangenen Jahren ist die Aufdeckung von Mängeln an wissenschaftlichen Arbeiten vor allem von Personen, die im öffentlichen Leben stehen, durch Plagiatsjäger prominent geworden. So gerieten renommierte Wissenschaftler, wie der Simulationsforscher Niki Popper, aber auch Politiker, wie Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher, ins Fadenkreuz. Für die Reputation der Betroffenen und ihre Karrieren kann das fatale Folgen haben.

Auch vielen Studierenden kosten Plagiate ihre Ausbildungswege, Berufsweiterbildungen müssen abgebrochen werden. Doch warum plagiieren Menschen überhaupt? Buchautorin und Schreibcoach Sarah Vaclav erläutert vier Gründe, warum das saubere wissenschaftliche Arbeiten oftmals scheitert und wie man erst gar nicht in Versuchung kommt, zu plagiieren.

Stressfaktoren: Zeit und Nerven

Plagiatsvorwürfe und -skandale sind bei Weitem nichts Neues, scheinen jedoch in der jüngeren Vergangenheit verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten. So ist unlängst nicht einmal der weltweit bekannte Singer und Songwriter Ed Sheeran davon verschont geblieben, sein eigenes Gedankengut vor Gericht verteidigen zu müssen. Die Problematik beginnt aber lange vor einer Anklage, nämlich oft bereits in der Ausbildungszeit. Viele wollen sich die vermeintliche Last des wissenschaftlichen Arbeitens nicht aufbürden und greifen stattdessen zu Ghostwriting oder Imitation, um Zeit und Nerven zu sparen. Die Problematik zieht sich zunehmend durch alle Alters- und Berufsgruppen hindurch und sitzt viel tiefer, als es die Diskussion um Plagiate von bekannten Persönlichkeiten vermuten lässt.

Nicht immer vorsätzlich

Expertin Sarah Vaclav setzt in ihren Seminaren genau hier an und betont, wie wichtig es ist, das Schreiben von Grund auf richtig zu erlernen. Denn abseits des bewussten Täuschens besteht auch die Gefahr, dass trotz reinen Gewissens schlampiges Arbeiten die Kriterien guter wissenschaftlicher Praxis verfehlen kann, und ebenso in einem Plagiat resultiert.

Grund 1: Mangel an Wissen

Obgleich in vielen Studien- und Fortbildungsseminaren das wissenschaftliche Arbeiten auf der Agenda steht, so wissen dennoch viele nicht, wie es eigentlich geht. Hier liegen laut Vaclav die Hauptgründe für Ghostwriting: „Man traut sich selbst nicht zu, die Arbeit richtig zu verfassen, und versucht, die Verantwortung an jemand vermeintlich Professionelleren abzugeben und so eigene Unsicherheiten zu kompensieren“, erklärt die Expertin. Dies sei unter anderem dem Tunnelblick, lediglich gute Noten erzielen zu wollen, geschuldet. Angesetzt werden müsse hier an besserer Aufklärung und breiteren Angeboten.

Grund 2: Der Zeitdruck ist zu groß

Einen weiteren häufigen Grund für Plagiarismus sieht Vaclav im Mangel an Zeit, was aber wiederum aus fehlendem Wissen über die richtige Planung und Organisation wissenschaftlichen Arbeitens resultiert. „Meistens werden Studierende überschüttet mit Aufgaben, die innerhalb kürzester Zeit abgegeben werden sollen. Überforderung setzt ein, und dann wird plagiiert“, weiß die Expertin und rät: „Um nicht Gefahr zu laufen, von einer Informationsflut erdrückt zu werden, sollte man sich Speedreading und Speedwriting aneignen. Diese Fähigkeiten kann man erlernen, und darauf lege ich auch mitunter das Hauptaugenmerk in meinen Workshops.“ Das bedeute aber nicht, wie der Name vielleicht vermuten lasse, dass alles in Windeseile erledigt ist, sondern in der Lage zu sein, schneller klare Gedanken zu fassen, zu vernetzen und zu bündeln.

Grund 3: Die Lust fehlt

„Oftmals wird das wissenschaftliche Arbeiten sehr trocken vermittelt, was in fehlender Motivation resultiert“, fährt Vaclav fort. Hier müssten neue Perspektiven aufgezeigt werden, denn: „Wissenschaftliche Arbeiten sollten einen Mehrwert haben – für einen selbst und die Wissenschaft.“  Zu erreichen sei dieser Mehrwert durch das Erlernen und Praktizieren sauberen wissenschaftlichen Arbeitens. Dafür müssen aber zuerst die negativ behafteten Vorurteile, es sei trocken und zeitaufwendig, abgelegt werden: „Wenn einem bewusst wird, dass man auch selbst vom Prozess des Schreibens profitiert, dann ändert sich die Einstellung von selbst und die Motivation wird geweckt“, betont die Buchautorin.

Grund 4: Schlechtes Paraphrasieren als Stolperstein

Tatsächlich scheint sich ein Großteil aller Plagiierenden nicht bewusst zu sein, wann sie im Begriff sind, fremdes Gedankengut zu kopieren. „Oft wissen die Menschen gar nicht, wie richtiges wissenschaftliches Schreiben geht. Denn ein Plagiat geht über das bloße Abschreiben von vorhandenem Inhalt hinaus und umfasst beispielsweise auch schlechtes Paraphrasieren“, weiß die Expertin und fügt hinzu: „Das bloße Aneinanderreihen von Synonymen ist keine Lösung. Viel eher muss der Sinn eines Textes extrahiert und neu zusammengebaut werden.“ Sobald man also den Inhalt versteht, könne man ihn in eigenen Worten wiedergeben und sein eigenes Gedankengut formulieren.

Mit Freude und Wissen ans Ziel gelangen

Kommen die Fehler ans Tageslicht, ist es meist schon zu spät für Korrekturen und Disziplinarverfahren drohen. Um dies zu vermeiden, sollte wissenschaftliches Schreiben von Grund auf richtig antrainiert werden. Im besten Fall entdeckt man dadurch auch eigene Interessen und findet sogar Gefallen am akademischen Arbeiten. „Es ist wichtig, bereits in der Schule und in Universitäten Seminare und Workshops anzubieten, die aufzeigen, wie spannend es sein kann, Arbeiten zu schreiben. Im Endeffekt kann dies zu einer

Selbstfindungsphase führen, die auch die Persönlichkeitsentwicklung fördert“, erklärt die Mentaltrainerin. „Man muss sein Ziel anvisieren und am Weg dorthin alle Räder der Maschinerie, angefangen von der Literaturrecherche, über das Paraphrasieren bis hin zum Schreiben, beherrschen“, erklärt Vaclav und betont darüber hinaus: „Wer verstanden hat, was ein Plagiat ist, der hat auch keine Angst davor. Sobald man sauberes wissenschaftliches Arbeiten erlernt hat, läuft man nicht mehr der Gefahr zu plagiieren. Daher ist es essenziell, so früh wie möglich richtig anzusetzen und das versuche ich auch meinen Klient:innen zu vermitteln.“