Wäre Neid eine olympische Disziplin, dann könnte Österreich bei Sommerspielen vielleicht wieder mehr Medaillen gewinnen: Was sich zurzeit um Sabine Tröger abspielt, ist überhaupt ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Die Wiener Ex-Sprinterin, zweimal Dritte bei Hallen-Europameisterschaften und 1992 Olympia-Teilnehmerin, war gegen Corona geimpft worden. Seitdem sie das im guten Glauben auf Facebook gepostet hat, braust ein öffentlicher Shitstorm bis hin zu gefährlichen Drohungen für die 53-Jährige. Dabei kennen die Wenigsten den wahren Hintergrund: Tröger arbeitet in ihrer Wahlheimat Korneuburg als Masseurin in einem Senioren- und Pflegeheim: Ihr ältester Patient ist 99 und freut sich über die regelmäßigen Besuche „seiner“ Sabine wie ein Kind auf Weihnachten. Wir reden hier über die letzten Monate und Jahre von betagten Mitbürgern in totaler Einsamkeit, weil Verwandte und Freunde nicht mehr am Leben sind. Die Pandemie hat ihre Isolation weiter verschärft. Für sie ist die ehemalige Leichtathletin wie ein Engel auf Erden, der ihnen für wenig Lohn Zeit, Hingabe und sanfte Berührungen bei ihren Behandlungen schenkt. Wenn es eine faire Reihung für Impfungen gegen das heimtückische Virus gibt, müssen Menschen wie diese Wienerin ganz oben stehen.
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