Im März jährt sich nun zum zehnten Mal der Todestag von Claudia Heill – noch immer gibt es viele, die die offizielle Version eines Selbstmordes durch den Sprung aus dem sechsten Stock ihrer Wohnung im dritten Bezirk nicht glauben können. „Wir waren am Abend zuvor zusammen“, erinnert sich Trainer Hubert Rohrauer. „Niemand konnte so etwas erahnen.“ Auch Gunnar Prokop, unter dessen Leitung die Judo-Kämpferin das Südstädter Internat besucht hatte, zweifelt an einem Suizid: „Claudia ist gerne am Fensterbrett gesessen und so möglicherweise in die Tiefe gestürzt.“ Und ich bekam wenige Tage vor der Tragödie eine freudige SMS der 29-Jährigen über ihren neuen Job im Sportministerium. Aber was ist, wenn es trotz des Fehlens eines Abschiedsbriefs doch freiwillig war? Etwa aufgrund einer Beziehungskrise? Top-Athleten wie Heill bewegen sich emotional immer zwischen Himmel und Hölle: Nach Olympiasilber in Athen 2004 hätte die Glückliche die ganze Welt umarmen können, nach dem fünften Platz in Peking 2008 war die Enttäuschte völlig
am Boden zerstört. Das „Immer weiter, immer weiter“ ist oft nur eine äußere Illusion, innen stirbt aber ein Teil der Seele. Vielleicht sollten wir alle mehr darauf Rücksicht nehmen, wenn wir Sportler kritisieren.
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