160 Jahre Margareten: Von Drachen und Schlößern

Im Jahr 1861 wurde Margareten zum 5. Bezirk. Und ist es bis heute. Ein Rückblick auf eine bewegte Geschichte im Herzen Wiens. „160 Jahre Margareten bedeutet 160 Jahre gelebte Vielfalt, gute Nachbarschaft und ­Zusammenhalt – bei uns gehen die Menschen gemeinsam durch dick und dünn“, so die Margaretner Bezirksvorsteherin Silvia Jankovic über ­Geschichte und Zukunft des Bezirks.

Margaretner Drache

Grüne, Feuer speiende Drachen gibt es heute nur mehr im Margaretner Bezirkswappen. Auch zu grauen ­Urzeiten sind keine Drachensichtungen aus dem 5. Wiener Gemeindebezirk überliefert. Doch der Drache und die für den Bezirk namensgebende Margareta von Antiochia sind Teil einer Legende, die sich am Beginn des 4. Jahrhunderts ereignet haben soll. Dabei wurde Margareta von einem Drachen verschlungen, überlebte und gilt seitdem als Schutzpatronin der Schwangeren. Im 14. Jahrhundert wurde ihr im Margaretner Schloss eine Kapelle geweiht.

Teil der Wieden

Bis Margareten ein eigener Bezirk in Wien werden sollte, verging freilich noch etwas Zeit. Das war im Jahr 1850 der Fall. Damals aber noch gemeinsam mit der heutigen Wieden als 4. Bezirk. Im ­relativ großen Bezirk kam es darüber immer wieder zu Diskussionen – und so wurde schließlich im Jahr 1861, vor 160 Jahren, Margareten zum 5. Wiener Gemeindebezirk. Und ist es bis heute geblieben. Das Gebiet teilt sich auf die ehemaligen Vorstädte Margareten, Nikolsdorf, Matzleinsdorf, Hundsturm, Reinprechtsdorf, Laurenzergrund und einen Teil von Hungelbrunn auf.

Starkes Wachstum

Zur Zeit als Margareten ­Bezirk wurde, war das Areal vor allem ländlich geprägt. Das änderte sich durch die rasant fortschreitende Indus­trialisierung und die damit einhergehende Urbanisierung des 19. Jahrhunderts. Innerhalb weniger Jahre schoss die Bevölkerung auf über 50.000 Menschen. Von diesen frühen Jahren des Wachstums zeugen auch heute noch ein paar Institutionen, etwa das Franziskus Spital Margareten, früher als Hartmannspital bekannt. Die Gründung erfolgte bereits 1865.

Auch das Amtshaus in der Schönbrunner Straße wurde bereits im Jahr 1867 bezogen und dient seitdem als Sitz der ­Bezirksregierung. Auch im Bereich der Volksbildung blickt Margareten auf eine starke Tradition zurück. Der älteste Wiener Volksbildungsverein, 1877 gegründet, bezog vor 110 Jahren das Gebäude in der Stöbergasse, das heute als polycollege bekannt ist. Nur ein paar Straßen weiter, dort wo vormals das Margaretner Schloss – seit dem 14. Jahrhundert Herrschaftssitz der adeligen Familien von ­Eslarn und Tirna – gethront hatte, entstand 1881 ein Bau, der bis in die Gegenwart beeindruckt. Der Margaretenhof. Auf der anderen Straßenseite des Margartenplatzes, wo heute im Schlossquadrat in feinen Lokalen der Feierabend genossen wird, war um die Jahrhundertwende von ­After-Work noch wenig zu spüren. Denn der Arbeiter­bezirk Margareten stieß an seine Kapazitäts­grenzen.

Guter Wohnraum

Um die Jahrhundertwende betrug die Bevölkerung im 5. Bezirk bereits über 100.000 Einwohner. Der überwiegende Teil davon lebte unter widrigsten Bedingungen. Erst durch den sozialen Wohnbau im Roten Wien wurde die Wohnungsnot gelindert. Mit dem Metzleinstaler Hof am Gürtel entstand nach dem Ersten Weltkrieg der erste ­Gemeindebau der Stadt. Viele weitere sollten entlang des Gürtels folgen. In diesen Wohnungen konnte die arbeitende Bevölkerung endlich unter menschenwürdigen ­Bedingungen leben. Diese ­Pionierleistung im Wohnbau setzte sich auch nach dem 2. Weltkrieg fort, als mit dem Matzleinsdorfer Hochhaus der damals höchste Gemeinde­bau der Stadt entstand.

Wandel der Zeiten

Nach dem Krieg wandelte sich auch Margareten, die ­Bevölkerung wurde weniger und sank von über 70.000 im Jahr 1951 auf unter 50.000 zur Jahrtausendwende. Mittler­weile ist der 5. Bezirk wieder gewachsen und mit einer Bevölkerungsdichte von über 26.000/Quadratkilometer der am dichtesten besiedelte der Stadt.

Der Wandel der Zeit zeigt sich auch an den Gebäuden. Im Zuge der Bau­arbeiten zur UStrab (Untergrund-Straßenbahn) wurde Mitte der 1960er die barocke Rauchfangkehrer-Kirche durch ein modernes ­Gebäude ersetzt. 1969 wurde die S-Bahn am Matzleinsdorfer Platz eröffnet. Dort wird künftig ein neuer Verkehrsknoten errichtet, denn in den nächsten Jahren entsteht mit der U2 eine neue Öffi-Linie für Marga­reten. Mit Stationen bei der Pilgramgasse und am Siebenbrunnenplatz/Rein­prechtsdorfer Straße.

Leben & Freizeit

Heute bietet Margareten einen historischen Charme gepaart mit vielen Vorteilen einer pulsierenden Großstadt. Das zeigt sich unter ­anderem an Angeboten für Senioren (Treff in der Reinprechtsdorfer Straße 1, Haus Margareten in der Arbeitergasse 45) bis hin zur gesundheitlichen Infrastruktur, etwa in der Sonnenhof Apotheke (Schönbrunner Straße 50), gleich neben dem historischen Amtshaus.

Auch kulinarische Genüsse findet man im 5. Bezirk dieser Tage in vielen Variationen. Boden­ständig und traditionell speisen kann man unter ­anderem im Waldviertlerhof, ­Schönbrunner Straße 20. Für einen unterhaltsamen Theaterabend bietet sich das „Scala – Theater zum Fürchten“ in der Wiedner Hauptstraße 106 an. Fitness bietet John Harris am Margaretenplatz (Strobachgasse 7–9). Am traditions­reichen Standort gab es bereits im 19. Jahrhundert eine Badeanstalt. So bietet der fünfte Gemeindebezirk heute höchste Lebensqualität auf engstem Raum. Zum Glück ohne grüne, Feuer speiende Drachen.