Im Jahr 1861 wurde Mariahilf zum 6. Bezirk. Und ist es bis heute. Ein Rückblick auf eine Bewegte Geschichte im Herzen Wiens.
Don Juan von Österreich
Es ist ein besonderer Bezirk, der sich zwischen dem Gürtel und der Zweierlinie im Inneren Westen der Stadt befindet. Mariahilf verdankt seinen Namen wie zahlreiche andere Orte und Städte der Welt der heiligen Maria. Konkret ihrem Hilfseinsatz in der Seeschlacht von Lepanto, bei der die Heilige dem Ritter Don Juan von Österreich im Jahre 1571 helfend zur Seite gestanden sein soll. Die Besiedlung des Gebiets ist allerdings schon weit davor dokumentiert. So waren bereits lange vor Christi Geburt indogermanische Stämme entlang des Wientals im Bereich der heutigen Bezirksgrenzen sesshaft. Auch die Römer waren im damaligen Vorort von Vindobona tätig, auf dem Gebiet der heutigen Gumpendorfer Straße wurde eine Straße errichtet. Im Mittelalter sind die Bezirksteile Gumpendorf und Laimgrube erstmals namentlich erwähnt.
Wachstum
Mit der Industrialisierung und der damit einhergehenden Urbanisierung wurde im 18. und 19. Jahrhundert massiv gebaut und immer mehr Menschen zogen nach Mariahilf. Die ehemaligen Felder und Weingärten wurden zunehmend durch immer größere Gebäude ersetzt. Das schlug sich auch in zahlreichen Reformen bei der Verwaltung nieder. So wurden die ehemaligen Vorstädte Mariahilf, Laimgrube, Gumpendorf, Magdalenengrund und Windmühle im Jahr 1850 eingemeindet. Damals noch als 5. Bezirk. Als dann im Jahr 1861 die Wieden in Margareten und Wieden aufgespaltet wurde, schlug die Geburtsstunde für den 6. Bezirk. Und diese Grenzen halten sich im Großen und Ganzen bis heute. Mit ein paar kleinen Ausnahmen. So wurde bereits 1862 der Bereich nördlich der Mariahilfer Straße an Neubau abgetreten. In den 1990er Jahren wurden im Grenzbereich zum 7. und 15. kleine Änderungen vorgenommen. Und im Jahr 2009 wurde der Naschmarkt, dessen Grenze zum 4. Bezirk bis dahin direkt durch den Markt verlief, komplett in Mariahilf eingegliedert.
Naschmarkt
Der Naschmarkt ist einer der Orte, der weit über die Grenzen des Bezirks bekannt ist. „Wir haben Besucher aus der ganzen Welt von Russland über China bis Amerika bei uns zu Gast“, erzählt Omar Lashin, Naschmarktsprecher und mit dem Familienbetrieb Kalami Delikatessen eine Institution des Markts. Durch die Krise sind natürlich weniger internationale Besucher da gewesen in den letzten Jahren. Doch in Zukunft hofft man auf eine Rückkehr zur Normalität. Geschätzt wird der Naschmarkt natürlich nicht nur von Touristen, sondern auch von Wienern und Mariahilfern. Das trifft auch auf andere Attraktionen des Bezirks zu.
Kultur & Ozeanik
Mit dem Musical-Tempel Raimundtheater, erbaut im Jahr 1893 und heuer nach Generalsanierung wiedereröffnet, und dem Apollo, als Apollo Theater 1904 erbaut und im Jahr 1929 als Kino eröffnet, finden sich gleich zwei überregionale Kulturinstitutionen im 6. Bezirk. Auf ein dunkles Kapitel in der Wiener Geschichte geht das Gebäude einer weiteren Attraktion zurück: das Haus des Meeres. In den Jahren 1943 und 1944 wurden im Zweiten Weltkrieg mehrere Flaktürme errichtet. Unter anderem im Esterházypark. In den 1950er Jahren wurde begonnen, im ehemaligen Kriegsgebäude das erste große Aquarium Österreichs zu errichten. Nach mehreren Ausbaustufen und zahlreichen Zubauten ist das Haus des Meeres mittlerweile die erste Adresse für Fische, Reptilien und Amphibien in Österreich. 2019 feierte man mit knapp über 650.000 Menschen einen Besucherrekord.
„Die Geschichte Mariahilfs begegnet uns täglich an den unterschiedlichsten Orten. Genauso ist die Weiterentwicklung der letzten Jahrzehnte nicht zu übersehen“, beschreibt Bezirksvorsteher Markus Rumelhart Mariahilf und meint: „Der 6. Bezirk ist heute ein urbaner, lebenswerter Wohnbezirk, der in vielen Grätzeln den dörflichen und historischen Charakter nicht verloren hat.“ Das zeigt sich auch an Gebäuden und Denkmälern, die nicht mehr stehen. Etwa der als „Ratzenstadl“ bekannte Bereich rund um die Kaunitzgasse: Die Häuser und Wohnungen, in denen die Menschen unter heute undenkbaren Bedingungen wohnten, wurden komplett abgetragen bzw. erneuert. Heute ist Mariahilf nicht nur ein beliebtes Ziel für kulturelle Aktivitäten, sondern auch beliebter Wohnbezirk.
Hohe Lebensqualität
Gerade in den letzten Jahren wurden in diesem Zusammenhang zahlreiche Gassen und Plätze gemeinsam mit den Bewohnern und Wirtschaftstreibenden neu gestaltet. Die Attraktivierung für den öffentlichen Verkehr, Radfahrer und Fußgänger steht dabei oft im Mittelpunkt, wie etwa die Begegnungszone in der Mariahilfer Straße gemeinsam mit dem benachbarten 7. Bezirk zeigt. Darüber hinaus gibt es in Mariahilf auch eine Reihe an leistbaren Angeboten für jede Altersgruppe. Etwa vom Kuratorium der Wiener Pensionistenwohnhäuser, die am Loquaiplatz 5 ein Wohnhaus betreiben und in der Gumpendorfer Straße 117 einen Seniorentreff anbieten.
Shopping-Erlebnis
Auch klar belegt in der Geschichte ist die Bedeutung von Mariahilf als Wirtschaftsstandort. Und als Destination für Shopping-Fans. Hunderte Geschäfte bieten einzigartige Produkte für jeden Geschmack. Ein Unternehmen, das dabei ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, ist Herrenmoden Glaser in der Mariahilfer Straße 89A. Dort wird neben eleganten Outfits auch an die Zukunft gedacht. Kunden, die mit Stoffsackerl kommen, erhalten drei Prozent Rabatt. Seit 85 Jahren gibt es den Standort.
Genuss-Bezirk
Nach einer langen Shopping-Tour möchte man natürlich auch einmal die Füße und die Seele baumeln lassen. Dabei haben sich die Essgewohnheiten im Lauf der letzten 160 Jahre gewandelt. Kulinarische Köstlichkeiten von Asien bis Amerika kann man dabei im 6. Bezirk verkosten. Auch wenn man es lieber traditionell mag, wird man in Mariahilf fündig. Fast so alt wie der Bezirk selbst ist dabei ein Traditionscafé am östlichen Ende des Bezirks. Das Café Sperl in der Gumpendorfer Straße feiert den 140er. Dort gaben sich schon Künstler, Musiker und Dichter von Franz Lehár bis Koloman Moser die Klinke in die Hand.