Elektroautos im Härtetest: Wie weit reicht eine Akkuladung wirklich?

Der ÖAMTC-Test zeigt: Fahrverhalten, Witterungsbedingungen und das vorhandene Ladeangebot sind entscheidend für die „Ausdauer“ von E-Autos. © ÖAMTC/Schenk

Die Reichweite ist eines der entscheidenden Kriterien für den Kauf eines Elektroautos. Hersteller geben zwar optimistische Werte an, doch diese beruhen auf idealen Testbedingungen, die im Alltag oft nicht zutreffen. Ein Test von 25 E-Auto-Modellen durch den ÖAMTC gibt Überblick.

Der Mobilitätsclub ÖAMTC hat gemeinsam mit seinem deutschen Partner ADAC sowie mit norwegischen Experten umfangreiche Tests durchgeführt. Ziel war es, die realistische Langstreckentauglichkeit von E-Autos im Winter zu ermitteln. Unterm Strich zeigt sich: Elektroautos haben in Sachen Langstreckentauglichkeit enorme Fortschritte gemacht. Moderne Modelle bieten ausreichend Reichweite für den Alltag und können auch auf der Langstrecke mithalten – entscheidend sind jedoch Fahrverhalten, Witterungsbedingungen und das vorhandene Ladeangebot.

Kälte und hohe Geschwindigkeit: große Herausforderung

Ein zentraler Aspekt der Untersuchung war die Reichweite unter winterlichen Bedingungen und bei hohem Tempo auf der Autobahn. 25 E-Modelle mit einer WLTP-Reichweite von mindestens 500 Kilometern wurden auf einem ADAC-Prüfstand unter identischen Bedingungen getestet. Die simulierte Teststrecke führte von München nach Berlin – mit realistischem Verkehrsaufkommen sowie Steigungen und Gefällen.

Testsieger war der Mercedes EQS 450+, der als einziges Modell die gesamte Strecke ohne Ladestopp schaffte. Zudem konnte er in nur 20 Minuten Energie für weitere 300 Kilometer nachladen. Knapp dahinter landete der Porsche Taycan, der mit niedrigem Verbrauch und hoher Ladeleistung überzeugte. Kein Fahrzeug fiel komplett durch, doch einige Modelle mussten aufgrund ihres hohen Stromverbrauchs gleich dreimal nachladen. Besonders betroffen waren der Volvo EC40 SM ER, der Peugeot e-3008 Version 210 und der MG 4 ER, bei dem zudem ein ineffizientes Heizsystem auffiel.

Die Tabelle bietet eine Übersicht zur Leistungsfähigkeit von 25 E-Auto-Modellen im Langstrecken-Winter-Test. © ÖAMTC

Langstreckentauglichkeit: eindeutig eine Frage des Preises

Neben der Reichweite spielte auch die Anschaffungskosten eine wichtige Rolle. Mit „gut“ bewertet wurden unter anderem der Lucid Air Grand Touring AWD, der VW ID.7 Pro S, der NIO ET5 LR, das Tesla Model 3 MR RWD und der Audi E-tron S GT quattro. Besonders das Tesla Model 3 erwies sich mit rund 45.000 Euro als vergleichsweise günstige Option. Für die drei bestplatzierten Modelle, die allesamt über Akkus mit mehr als 100 kWh verfügen, muss man jedoch tief in die Tasche greifen. Ihre Preise bewegen sich im sechsstelligen Bereich. Kleinere Modelle bieten zwar eine geringere Reichweite, punkten dafür aber mit niedrigerem Stromverbrauch und können je nach Fahrprofil eine sinnvolle Alternative sein.

Härtetest in Norwegen: Realbedingungen zeigen große Unterschiede

Ergänzend zu den Labortests führte der ÖAMTC mit Partnern in Norwegen einen Praxisversuch durch. Im Rahmen des „El Prix“ wurden 24 aktuelle Elektroautos bei niedrigen Temperaturen und auf anspruchsvoller, teils gebirgiger Strecke getestet. Das Tempo lag dabei bei maximal 110 km/h, um die realen Bedingungen in Skandinavien nachzubilden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die WLTP-Werte oft nur bedingt hilfreich sind: Während der Polestar 3 immerhin 537 Kilometer von den versprochenen 560 Kilometer erreichte, fiel der Voyah Dream mit nur 340 statt 480 Kilometer Reichweite um fast 30 Prozent zurück. ÖAMTC-Experte Florian Merker rät daher potenziellen Käufern, sich vor der Anschaffung genau zu informieren, welches Modell zu den eigenen Bedürfnissen passt und welche Ladeinfrastruktur verfügbar ist.

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