Alarmierend: um 17 % mehr Schuldenberatungen!

So viele Menschen wie seit 2011 nicht mehr wandten sich im Vorjahr an die Schuldnerberatung. ©iStock by Getty Images

21.645 Menschen hatten 2023 zum ersten Mal Kontakt mit einer Schuldenberatung. Das ist ein Anstieg von fast 17 % im Vergleich zum Jahr davor. Die Zahl der eröffneten Privatkonkurse ist um fast 9  % gestiegen.

Seit Jahren sind Arbeitslosigkeit und Einkommensverlust der häufigste Überschuldungsgrund. Auffällig ist aber der rasante Anstieg von „Lebenshaltungskosten und Wohnungskosten“ als Ursache für Schulden. 2022 gaben diesen Grund 5,4 % der Klienten, die erstmals eine Schuldenberatung aufsuchten, an. 2023 waren es schon 12,4 %.

Schuldenberatung fordert mehr Arbeitslosengeld

Auch 2023 war Jobverlust der Hauptgrund, um in die Schuldenfalle zu schlittern. „Das ist nicht weiter verwunderlich“, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich. Denn wenn man arbeitslos wird, hat man nur noch 55 % des vorigen Einkommens zur Verfügung. Das ist für die allermeisten Menschen ein Problem. „Es ist ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Menschen, das Arbeitslosengeld noch weiter senken zu wollen. Schon jetzt sind die Zahlen in den Schuldenberatungen hoch wie kaum zuvor. Die Auswirkungen einer Kürzung könnten verheerend sein. Die Schuldenberatungen fordern daher dringend statt einer Senkung eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes – also der Nettoersatzrate – auf 70 %“, sagt Mitterlehner.

Absurd: Privatkonkurs kaum leistbar

Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der Privatkonkurse: 8.857 Menschen haben 2023 einen Privatkonkurs eröffnet, das sind 8,3 % mehr als im Jahr davor. Die Schuldenberatungen haben hier eine tragende Rolle: Rund 71 % aller eröffneten Privatkonkurse werden von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung begleitet. „Wir wissen, dass noch viel mehr Menschen einen Privatkonkurs benötigen würden“, so Mitterlehner. „Aber so absurd es klingt: Einen Privatkonkurs muss man sich erst einmal leisten können.“

„Abrutschen in die Armut wäre vermeidbar“

Grundbedingung für einen Privatkonkurs ist, mit dem Einkommen auszukommen und keine weiteren Schulden zu machen. Das ist derzeit vielen Menschen nicht möglich. Mitterlehner; „Es ist dringend nötig, das Existenzminium zu erhöhen, also jenen Betrag, der Menschen bei einer Pfändung zum Leben bleiben muss. Das würde ver- und überschuldete Menschen und ihre Familien vor dem Abrutschen in die Armut bewahren. Mehr Menschen könnten somit einen notwendigen Privatkonkurs in die Wege leiten.“